Full text: Die Erbverbrüderungen zwischen den Häusern Sachsen und Hessen und Sachsen, Brandenburg und Hessen.

Dogmatische Erörterungen. 84 
daß die ganze angegebne Hinterlassenschaft ohne irgend eine Ausnahme 
im Erledigungsfalle dem andern Hause angefallen sein solle. Vehse 
führt, um seine Ansicht zu beweisen, mehrere testamentarische Verfügun- 
gen und Erbverträge der Fürsten der ernestinischen Linie an, in denen 
auf jene Worte in der von ihm angegebnen Erklärungsweise Bezug 
genommen sei. Aber in den meisten von Vehse angeführten Dokumen= 
ten findet gar keine Berufung auf die sächsisch-hessische Erbverbrüderung 
statt, sondern auf die zwischen den einzelnen Linien des sächsischen 
Hauses geschlossnen Erbverträge. 210) Auch hätten schon die vielfachen 
Theilungen, die in dem sächsisch-Ernestinischen, sowie in dem hessischen 
Hause während des 17. Jahrhunderts Statt gefunden haben, Vehse 
von der Unrichtigkeit seiner Auslegung überzeugen können. Aber wenn 
auch in dem einen oder andern Hausvertrag die Erbverbrüderung als 
Stütze für die Untheilbarkeit des Landes angeführt sein sollte, so wäre 
hiermit noch nicht im mindesten die Richtigkeit dieser Anführung be- 
wiesen. 211) — 
Es entsteht jedoch die Frage, in wie weit die alte Successionsord= 
nung, wie sie in Folge des Reichslehnsrechts für die Erbverbrüderung 
  
210) So z. B. in dem von Vehse citirten Testament des Herzogs Ernst des 
Frommen, des Stifters des Gesammthauses Gotha vom Jahre 1654: „so instituiren 
und setzen Inhalts unseres Chur= und fürstlichen Hauses Erbverbrüderung Wir zu 
unsern rechten Erben und Erbnehmern unsere lieben Söhne“ u. s. w. Lünig Reichs- 
archiv Pars Sp. Cont. II. S. 470. Eine Beziehung auf die sächsisch-hessische Erb- 
verbrüderung in Betreff der Untheilbarkeit findet hier gar nicht Statt. Daß Ver- 
träge zwischen rse Linien desselben Hauses Erbverbrüderungen genannt wer- 
den, findet sich häufig, so z. B. der Erbvertrag der Grafen von Hanau vom Jahre 
1610 (Moser Familien-Staatsrecht Bd. J. S. 874). 
211) Der Gothaer Erbvertrag, der im Jahre 1641 von den Herzögen Wilhelm, 
Albert und Ernst geschlossen wurde, könnte allenfalls so aufgefaßt werden, als be- 
rufe er sich für die Untheilbarkeit auf die sächsisch-hessische Erbverbrüderung: So 
haben Wir mit einander zu theilen eine Nothdurft gefunden, jedoch zum andern mit 
der Bescheidenheit, daß man dennoch die hernach mit Namen benannten fürnehmen 
Stücke — in Gemeinschaft behalten, einmüthig mit Rath und That „nach Inhalt 
der Erbverbrüderung.“ — Jedoch ist wohl auch hier die Erbverbrüderung auf den 
vorliegenden Erbvertrag zu beziehen. 
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