Full text: Die Erbverbrüderungen zwischen den Häusern Sachsen und Hessen und Sachsen, Brandenburg und Hessen.

92 Dogmatische Erörterungen. 
schon im allgemeinen kein stichhaltiger Grund angeben, der die Fürsten 
zweier verschiedner Häuser bewogen haben sollte, in einem Vertrage, 
der die innern Verhältnisse des einzelnen Hauses in seinem Hauptin- 
halte gar nicht berührt, durch eine Nebenstimmung ein so wichtiges 
Verhältniß wie die Erbfolgeordnung zu regeln, 225) so scheint auch dem 
angeführten Satz keineswegs eine dahingehende Bedeutung beigelegt 
werden zu dürfen. Legt man denselben in ungezwungener Weise aus, 
so sagt er weiter nichts, als daß im Falle des Aussterbens einer Linie 
das erbverbrüderte Haus noch keine Ansprüche erheben könne, sondern 
die andern Linien desselben Hauses zufolge der Surccessionsordnung 
eintreten sollten. Nach anderer Auslegung soll jedoch in den Worten 
„dem oder den nechsten mennlichen Lehnserben“ eine Anerkennung der 
Gradualerbfolgeordnung enthalten sein, weil der Ausdruck „nechster 
Erbe“ sich in der Sprache des sächsischen Lehurechts auf die Gradual- 
folge beziehe. Aber wir haben keine Stelle finden können, in denen 
der einfache Ausdruck „nächster Erbe“ unzweideutig in sich das Gra- 
dualprinzip enthält; gerade im sächsischen Lehnrecht deutet nicht der Aus- 
druck „nächster Erbe“, sondern der „nach der Sippzahl“ auf die Gra- 
dualordnung hin. 276) Aber selbst wenn eine oder die andere Stelle 
beigebracht werden würden, in der jene Worte zweifelslos sich auf 
das Gradualprinzip bezögen, so wäre damit nur bewiesen, daß sie diesen 
  
225) Pfeiffer (a. a. O. S. 424) gibt hierfür folgende Gründe an: 1. Sachsen 
und Hessen seien als stammverwandte Fürstenhäuser anzusehen, weil sie beide in weib- 
licher Linie von dem Landgrafen Hermann I. von Thüringen (# 1215) abstammten. 
2. Die erbverbrüderten Häuser hätten großes Interesse daran gehabt, Erbfolgestreitig- 
keiten innerhalb des einzelnen Hauses zu verhindern. 3. Auch sonst fänden sich ähn- 
liche Bestimmungen in Erbverbrüderungen; so z. B. in der Erbverbrüderung der 
Grafen von Hanau aus dem Jahre 1610. Die beiden ersten Gründe bedürfen kei- 
ner Widerlegung; der dritte aber ist geradezu unrichtig, das von Pfeiffer angeführte 
Beispiel ist keine eigentliche Erbverbrüderung, sondern ein Hausvertrag unter Mit- 
gliedern eines und desselben Hauses (S. Moser Familien-Staatsrecht Bd. I. S. 874). 
226) Die von Pfeiffser (a. a. O. S. 325) angeführten Beispiele haben alle diesen 
Zusatz. Vgl. Schulze das Recht der Erstgeburt S. 384.
	        
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