Full text: Die Erbverbrüderungen zwischen den Häusern Sachsen und Hessen und Sachsen, Brandenburg und Hessen.

Dogmatische Erörterungen. 93 
Sinn haben könnten, nicht daß sie ihn haben müßten. Der Herzog 
Ernst von Gotha und die Herzoͤge von Weimar scheinen zwar aller— 
dings in dem Vertrage, den sie 16. Mai 1672 über die altenbur- 
gische Erbschaft schlossen, die Gradualfolge auf die Erbverbrüderung 
zu stützen beabsichtigt zu haben, wenn sie dieselbe festsetzen „nach Aus- 
weis der Erbverbrüderung und kaiserlicher gemeiner Rechte.“ 227) Aber 
daß die Partheien, wenn es ihnen vortheilhaft dünkte, sich auf die Erb- 
verbrüderung zu stützen, ihr diese Ausdehnung gaben, beweist noch 
nicht, daß die Erbverbrüderung sich wirklich so weit ausdehnen lasse. 
Daß diese Auslegung aber durchaus nicht als die richtige anerkannt 
wurde, beweist die ganze Successionsgeschichte der Häuser Sachsen und 
Hessen. 28) 1 
Häufiger noch wurde die Behauptung aufgestellt, daß die Bestim- 
mungen der Erbverbrüderung in Betreff der Ausstattung unverhei- 
ratheter Prinzessinnen auch für den Fall zur Anwendung zu bringen 
seien, daß innerhalb eines Hauses eine Linie ausstirbt. 229) Mit gro- 
ßem Eifer wurde besonders im 16. und 47. Jahrhundert diese Ansicht 
vertheidigt und als bequeme Handhabe benutzt, um die Cognaten ihres 
Erbrechts zu berauben. Vornehmlich waren es die Ernestinischen Für- 
sten, welche diese Ausdehnung der Erbverbrüderung für begründet 
hielten und zur Anerkennung zu bringen suchten. — Da die Erbver- 
brüderung bis zu dem von ihr bestimmten Fall des Aussterbens eines 
Hauses den Parteien die volle freie Verfügung über ihr Vermögen 
läßt, so wäre die durch sie statuirte allgemeinere Ausschließung der 
  
227) Bei Pfeiffer a. a. O. S. 469. Auch Röder Archäologie der teutschen Lehns- 
verfassung Nachtrag S. 28 bezieht diese Stelle auf die Erbverbrüderung von 1555. 
228) Siehe dieselbe bei Schulze a. a. O. S. 261—269. 291—293. 404—415. 
425—428. 
229) In der Literatur gehören zu den Anhängern und Vertheidigern dieser An- 
sicht hauptsächlich der Verfasser des Aufsatzes über die Geschichte der brandenburgi- 
schen Familienfideicommisse in Hänlein und Kretschmann Staatsarchiv der Königl. 
Preußischen Fürstenthümer in Franken. Bd. I. S. 207 u. ff. (1797) und E. Vehse 
De Pacto Confrat. Saxo-Hass. p. 43 u. ff. —
	        
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