Full text: Grundzüge der Verfassung des Deutschen Reiches.

Mitgliedschaftsrechte. 41 
Vorrecht, ein Sonderrecht in ihrem Verhältnisse zum Reiche 
begründen. Die ersten werden herkömmlicherweise als Mit- 
gliedschaftsrechte, die letzteren als Sonderrechte bezeichnet. 
Die Mitgliedschaftsrechte sind enthalten in allgemeinen 
Rechtssätzen der Verfassungsurkunde. Sie können demnach auch 
durch ein Verfassungsgesetz aufgehoben oder abgeändert werden, 
selbst gegen den Willen einzelner Staaten. Einen Schutz gegen 
eine willkürliche Anderung oder Aufhebung der Mitgliedschafts- 
rechte zu Ungunsten oder zu Gunsten einzelner Staaten bietet 
die Organisation des Bundesrates dar, in welchem schon 
14 Stimmen, die sich gegen eine Veränderung der Verfassung 
aussprechen, genügen, um eine solche unmöglich zu machen. 
Diese Mitgliedschaftsrechte find folgende: 
Jeder Staat hat einen Anspruch gegen das Reich auf 
Schutz zur Erhaltung seiner Integrität und seiner äußeren und 
inneren Sicherheit. Um diesen Schutz von der Gesamtheit zu 
erhalten, haben die Norddeutschen Staaten den Vertrag vom 
18. August 1866 geschlossen und die Verfassung des Norddeutschen 
Bundes wie des Reiches sind bestimmt „die Zwecke des Vertrages 
definitiv sicherzustellen“ (Art. 2). In diesem Sinne ist des- 
halb der Eingang der Verfassung auszulegen, nach welchem es 
die Aufgabe des Reiches ist, das Bundesgebiet und die innerhalb 
desselben gültigen Rechte zu schützen. 
Ferner sind die Bundesstaaten die Glieder des Reiches 
und haben als solche einen Anspruch auf verfassungsmäßige 
Mitwirkung bei der Ausübung der Reichsgewalt. Sie bilden 
durch ihre Bevollmächtigten den Bundesrat und jeder Staat 
hat ein Recht darauf, daß für die Wahlen zum Reichstage auf 
sein Gebiet die gesetzmäßige Anzahl der Wahlkreise verteilt 
werde (Verfassung Art. 20). 
Weiterhin hat jeder Staat ein Recht darauf, daß die 
Kosten und Lasten des gesamten Kriegswesens des Reiches auf 
alle Bundesstaaten und ihre Angehörigen gleichmäßig verteilt 
werden, so daß weder Bevorzugungen noch Benachteiligungen 
einzelner Staaten oder Klassen grundsätzlich zulässig find. Wo 
die gleiche Verteilung der Lasten sich in natura nicht feststellen 
läßt, ohne die öffentliche Wohlfahrt zu schädigen, hat ein Reichs- 
gesetz die Ausgleichung nach den Grundsätzen der Gerechtigkeit 
festzustellen (Verfassung Art. 58). Damit ist natürlich nicht 
gesagt, daß jeder Staat einen gleichen Anteil an den Kosten
	        
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