Full text: Grundzüge der Verfassung des Deutschen Reiches.

Organisation des Bundesrates. 59 
Monarchie, nicht ein Einheitsstaat ist, zeigt sich in der In- 
stitution des Bundesrates. Er ist die organifierte Einheit 
der Glieder des Reiches, der 25 Bundesstaaten. Ihm stehen 
diejenigen Funktionen der souveränen Reichsgewalt zu, welche 
die Verfassung nicht dem Kaiser zugewiesen hat. In dem 
Bundesrate üben die Glieder des Reiches ihre Mitgliedschafts- 
rechte an der Reichsregierung aus. Es können in ihm des- 
halb auch nur die Glieder des Reiches vertreten sein und es 
müssen alle Glieder das Recht haben, darin vertreten zu sein. 
Daraus folgt, daß das Reichsland Elsaß-Lothringen in dem 
Bundesrat nicht vertreten sein kann, solange es eine Provinz 
des Reiches bildet und nicht zu einem Bundesstaate mit einer 
selbständigen Staatsgewalt gestaltet ist. Würde, wie dies 
namentlich in dem Reichslande oft gefordert worden ist, Elsaß- 
Lothringen eine Vertretung im Bundesrate gegeben, so würde 
tatsächlich die Zahl der preußischen Stimmen vermehrt, nicht 
aber Elsaß-Lothringen eine besondere Stimme gegeben werden. 
Der Kaiser kann nicht in Vertretung Elsaß-Lothringens in 
anderem Sinne seine Stimme abgeben lassen, als er dies in 
seiner Eigenschaft als König von Preußen tut. Damit steht 
nicht in Widerspruch, daß nach dem Reichsgesetze vom 4. Juli 
1879 § 7 der Statthalter von Elsaß-Lothringen Kommissäre 
in den Bundesrat abordnen kann, welche an den Beratungen, 
nicht aber an der Beschlußfassung über Angelegenheiten, die 
die Interessen Elsaß-Lothringens berühren, teilnehmen können. 
Sie sind nur Auskunftspersonen. 
Besteht der Bundesrat aus den Vertretern aller Glieder 
des Reiches, so ist doch die politische Macht und Bedeutung der 
einzelnen Bundesstaaten so verschieden, daß eine Ausgleichung 
notwendig ist. Dieselbe ist dadurch herbeigeführt, daß den ein- 
zelnen Staaten eine verschiedene Stimmenzahl zukommt, und daß 
einigen Staaten Sonderrechte eingeräumt sind. Für die Ver- 
teilung der Stimmenzahl knüpfte die Verfassung des Nord- 
deutschen Bundes an die Bestimmungen der Bundesakte von 
1815 über die Verteilung der Stimmen in dem Plenum des 
ehemaligen Bundestages an, so jedoch, daß Preußen die Stimmen 
der ehemaligen Staaten Hannover, Kurhessen, Holstein, Nassau 
und Frankfurt a. M. zugeteilt wurden. Auch bei der Aufnahme 
der süddeutschen Staaten hielt man sich hieran, so jedoch, daß 
die Stimmen Bayerns von vier auf sechs erhöht wurden (Art. 6).
	        
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