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gemeinsame Berathungen zu ersetzen suchten, was dem Reich an
Kraft und Mitteln fehlte, die Ordnung aufrechtzuerhalten; so traten
Hagenau, Straßlurg und Weißenburg in die Eidgenossenschaft vo#n
Speier im Jahre 1381, so schlossen 52 oberrheinische Städte 1385
den großen neunjährigen Bund von Constanz.
Aber Anstalten dieser Art konnten im lesten Falle doch nur
genügen, wenn man blos die inneren Verhältnisse berücksichtigte,
oder wenn es gegönnt gewesen wäre, unabhängig von den allge-
meinen Weltangelegenheiten in diesen Grenzländern des Reiches ein
auf sich selbst gestelltes Staatsleben zu führen. Allein seit der Mitte
des 14. Jahrhunderts pochten die Kämpfe des westlichen Eure-
pas in gewaltigerer Art an die Hforten Deutschlands. Die lang-
jährigen Kriege Englands und Frankreichs konnten nicht ohne Rück-
wirkungen auf das benachbarte Elsaß bleiben. Während dieses
hundertjährigen Kampfes lildete sich eine Mittelmacht zwischen
Deutschland und Frankreich, das neue burgundische Reich, das, wie
einst das Lothringen der Karolinger sich rasch erhob und seine Arron-
dirung vorwiegend in den Gebieten suchte, wo es keine feste Landes-
herrschaft gab, wo keine Fürsten saßen, die sich des fremden Andranges
erwehren konnten, wie im Elsaß und in der Schweiz. Hier lag die
Vertheidigung auf den Schultern schwacher Reichsstände, wenn nicht
die Kaiser stark genug waren, die Grenzen zu schützen.
Der Charakter der Geschichtsepoche, welche wir zunächst betrachten,
ist im Elsaß vornehmlich durch diese äußeren Einwirkungen bestimmt,
die sich mit steigernder Gefahr besonders an drei Knotenpuncten der
Entwicklung erkennen lassen. Noch in der Zeit Karls IV. wurde
die Noth der englischen Invasion gleichsam ein Gradmesser für
die äußere Schwäche des Kaiserthums. Im folgenden 15. Jahr-
hundert haben erst die Franzosen, dann die Burgunder die
Unabhängigkeit des Elsaß wie der oberschwähischen Gebiete auf das
schwerste geschädigt. Die Geschichte dieser fremden Invasionen ist
das mittelalterliche Vorspiel von dem, was sich in neuerer t Zeit unter
Ludwig XIV. vollendet hat.
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