Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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reich vertreten; es konnte nicht fehlen, daß auch jenseits des Jura 
und der Vogesen, was ritterlich fühlte und dachte, große Hinneigung 
zu diesem ritterlichen Soldatenthum empfand. Die Engländer, welche 
das Elsaß verwüsteten, waren durch Bürger und Bauern hinausge- 
drängt, aber der Adel hatte ihre Gesellschaft nicht misachtet; was 
vornehm und adlig sein wollte, ahmte die Sitten der fremden Sol- 
daten nach — der Gugelhut ward seitdem Mode bei den Rittern 
von Schwaben und Elsaß. Auch der Frauen Tracht war ganz fran- 
zösisch geworden und mit starker sittlicher Entrüstung erhoben sich 
die bürgerlichen Meistersänger in satirischem Gedicht gegen die 
entblößten Nacken und gegen die neuen Kleider mit tief unter die 
Achsel fallenden Aermeln an den knappen Leibchen, durch welche der 
Busen unnatürlich geschwellt ward, wie zu einem jener Kirchenteller 
erhoben, auf welche man Wachskerzchen für die armen Seelen rings- 
um aufsteckt. Wie verhaßt war dieses welsche Wesen dem deutschen 
Bürgersmann! und ganz bezeichnend will der Volkswitz die Armag- 
naken nur als arme Gecken kennen, brotlose, armselige Leute, die nicht 
anders wie ehedem die Engländer die Blöße ihrer Armuth durch 
Raub und Diebstahl zu decken versuchen. 
An den Pässen der Vogesen saß Herr Hanns von Finstringen 
(Fenestranges), beider Sprachen mächtig, deutsch von Alkunft, fran- 
zösisch von Gesinnung, ein rechter Verächter des bürgerlichen Wesens, 
welches im deutschen Elsaß in seiner Blüte stand. Der war es, 
welcher nicht ohne Zustimmung des Bischofs von Straßburg zuerst 
im Jahre 1439 den Armagnaken die Wege in das Elsaß wies, und 
sie über die Steige von Zabern in die gesegneten Fluren am Rheine 
geleitete. Noch vor kurzem konnte man auf der Bibliothek in Straß- 
burg das vermoderte Banner mit dem Bilde unserer lieben Frau 
aufbewahrt finden, unter welchem ein allzukühner Theil Straßbur- 
gischer Bürger den 12,000 gut bewaffneten Reitern sich entgegen- 
warf, aber ebenso wie Ludwig von Lichtenberg der Uebermacht weichen 
mußte. Ohne Widerstand brennend und brandschatzend zogen die Ar- 
magnaken drei Wochen im Elsaß umher — man hat sie die Schinder
	        
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