Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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ganz ausfüllt. Er hat sich durch eine lateinische und deutsche 
Chronik bis 1543 einen guten Namen als Historiker gemacht, durch 
Uebersetzungen zur allgemeineren Kenntnis des classischen Alterthums 
beigetragen, und sich außerdem um das Straßburger Schulwesen 
viele Verdienste erworben. 
Wie ganz anders erscheint uns neben diesen Männern Martin 
Butzer Als armer heimathloser Vertriebener kommt er aus 
Weißenburg nach Straßburg. Aber man fühlt sofort: das ist der 
Mann der Situation, der wird eingreifen, der wird vorwärts treiben, 
der wird organisiren. 
Er ist kein Feuergeist von dämonischer Kraft wie Luther. Er 
ist kein leutseliger Volksredner wie Zell. Er ist kein beschaulicher 
Gelehrter wie Capito. Aber er ist ein ausgezeichneter Geschäftsmann 
von unverwüstlicher Arbeitskraft. Seine Natur ist ganz auf Thätig- 
keit gestellt. Der Wille ist in ihm die herrschende Geisteskraft, der 
sich Verstand, Speculation, Einsicht, Gelehrsamkeit und Gefühl 
unterordnen müssen. Nie läßt er eine Situation über sich Herr 
werden, er bleibt gefaßt und bewältigt sie. Er vereinigt eine un- 
glaubliche Zähigkeit mit eben so großer Elasticität. Schwierige 
Verhandlungen zu einem glücklichen Ziele führen, unter verwickelten 
Verhältnissen keinen Faden je verlieren, mit ungemeinem Scharfsinn 
den rettenden Ausweg rasch einschlagen, die Factoren sämmtlich 
berechnen, um alle Mittel sicher spielen zu lassen: das ist sein Talent. 
Butzer ist der Diplomat unter den Reformatoren. Mit seinem Sinn 
für das Wesentliche, mit seinem umfassenden Blick, der stets die 
großen Verhältnisse im Auge hat und über Nebendinge hinwegsieht, 
mit seiner ganzen praktischen Art, das Hauptgewicht auf die Einheit 
aller Bekenner des Evangeliums zu legen und die dogmatischen 
Streitigkeiten mehr als Nebendinge zu behandeln, ist er eine wohl- 
thuende Erscheinung unter den starren Eisenköpfen des sechzehnten 
Jahrhunderts. 4 « 
Uebrigens stehen ihm in diesem Puncte alle seine Straßburger 
Collegen stets zur Seite, und an Milde und Duldsamkeit gegen 
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