Volen. (Januar 10. 14.) 789
XVII.
Polen.
10. Jan. Die Mitgliederliste des Prov. Staatsrates wird be-
kanntgegeben.
Sie umfaßt Vertreter der konservativen Elemente, des fortschrittlichen
Zentrums und der radikalen Linken. Der so zusammengesetzte Staatsrat
zeigt das Bild der verschiedenen Stände und Parteien. Von den 25 Mit-
gliedern (15 aus dem deutschen, 10 aus dem österr.-ung. Verwaltungsgebiet)
sind: Geistliche 2, Gutsbesitzer 9, Militärs 2, Industrielle 1, Ingenieure 3,
Werkmeister 1, Advokaten 2, Aerzte 1, Schriftsteller 3, Bankiers 1. Von
deutscher Seite wurde der bayer. Oberregierungsrat Graf Hugo Lerchen-
feld-Köfering, von österr.-ung. Seite Geh. Rat Frhr. von Konopka, Groß-
grundbesitzer und früh. Landtagsabg., zum Regierungskommissar ernannt.
14. Jan. (Warschau.) Feierliche Eröffnung des Prov. Staatsrats.
Generalgouverneur v. Beseler hält folgende Ansprache: Meine sehr
geehrten Herren! In dem heute erfolgenden Zusammentritt des Prov. Staats-
rates im Königreich Polen vollzieht sich der erste entscheidende Schritt zur
Verwirklichung der in der Kundgebung vom 5. Nov. 1916 Ihrem Vater-
lande gemachten Zusage. Sie sind berufen, im Verein mit den Regierungen
der beiden Okkupationsgebiete die grundlegenden Arbeiten für die Neu-
bildung des polnischen Staates in Angriff zu nehmen. Die Hoffnung, an
diese Arbeit schon im Zeichen eines nahenden Friedens heranzutreten, ist
zunichte geworden: unsere Feinde haben die von unseren Erlauchten Mo-
narchen hochherzig gebotene Hand zum Frieden schroff zurückgestoßen und
zwingen uns zur Fortführung eines Kampfes, den wir nunmehr mit un-
beugsamer Entschlossenheit bis zum entscheidenden Siege durchzuführen
willens sind. Und unser Sieg wird auch Ihr Sieg sein. Sie stehen daher
vor einer doppelten Aufgabe. Es gilt — nach Maßgabe der uns in der
Verordnung für die Bildung des Prov. Staatsrates vorgezeichneten gemein-
schaftlichen Arbeit —, Ihrem Lande eine neue staatliche Ordnung als
Grundlage für eine nationale und freiheitliche Entwicklung zu schaffen und
ihm zugleich die wiedergewonnene Freiheit zu sichern. Für beide finden
Sie das erste Mittel in einem eigenen Heere, das dem Gefüge des neuen
Königreiches gleich von vornherein innere Festigkeit und Sicherheit nach
außen geben wird. Erfassen Sie die Größe dieser von Ihrem Lande so
lange freiwillig zu übernehmenden Aufgabe, bis die Entwicklung Ihres
Staatswesens erlauben wird, sie durch Gesetz zu fordern. Mit uns steht
Ihre tapfere Legion bereit, Ihre wehrhafte Jugend für die große vater-
ländische Aufgabe heranzubilden. Gehen Sie denn mutig und vertrauensvoll
ans Werk und bleiben Sie dessen eingedenk, daß Ihr großes Ziel nur in
ruhiger Abwägung und Berücksichtigung der schwierigen Verhältnisse des
noch fortdauernden ernsten Kriegszustandes erreicht werden kann. Und so
heiße ich Sie denn zu gemeinschaftlicher Arbeit von Herzen willkommen.
Generalgouverneur Kuk begrüßt den Prov. Staatsrat mit einer ähn-
lichen Ansprache.
Das Mitglied des Prov. Staatsrats Waclaw v. Niemojowski, Enkel
des letzten Vorsitzenden der Nationalregierung des Königreichs Polen im
Jahre 1830, erwidert hierauf mit folgender Ansprache: In diesen ehr-