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Heinrich II. sofort einen eigenen Gesandten nach Straßburg ab-
schickte, der die Bürger jeder Gunft zu versichern hatte, die nur
immer der König erweisen könnte. Die fein gesponnenen Verhand-
lungen wurden von französischer Seite mit einer Reihe von Phrasen
gewürzt, welche nachher stehend geworden sind. Der Franzose ver-
sicherte die benachbarten Reichsstände mit endloser Geschwätzigkeit seines
ungemeinen Interesses für die Freiheit derselben, seines Mitgefühls
gegenüber der kaiserlichen Tyrannei, seiner uneigennützigen Freund-
schaft und Bereitwilligkeit zum Schutze unterdrückter Reichsglieder.
Es war im Grunde betrachtet eine ziemlich armselige in den
Mitteln mit ewigem Einerlei operirende Politik, welche Frankreich
durch zweihundert Jahre anwendete und welche erfolgreich war nicht
durch eigenes Verdienst, sondern durch die Haltlosigkeit des alten
Kaiserthums und durch dessen Misgriffe. Wenn aber der König
Heinrich II. schon die erwähnten Versicherungen den Straßburgern
gab, so mag es wol Leute in Straßburg gegeben haben, welche
dieselben für Ernst nahmen, Jacob Sturm aber und die Männer,
welche im beständigen Regimente mit dem auherordentlichsten Geschick
durch diese Zeit des schwersten Gewitters steuerten, gehörten nicht
dazu; ihr Zweck war erreicht, wenn sie mit dem französischen Bündnis
im Rücken, der kaiserlichen Regierung so viel Achtung einflößten,
daß die Verfassung der Stadt ungetrübt erhalten wurde. Denn die
Unterwerfung unter den siegreichen Kaiser war nun einmal nicht
mehr zu vermeiden. Nachdem alle süddeutschen Bundesgenossen in
demüthigster Weise Abbitte geleistet und dem Kaiser Gehorsam ge-
schworen, nachdem Augsburg nur durch die Fürbitte des Hauses
Fugger vor schwerster Sühne geschützt werden konnte, mußte sich der
Rath von Straßburg zu dem gleichen Schritte entschließen.
Am 21. März 1547 traf die Gesandtschaft der Stadt unter
Führung Jacob Sturms den Kaiser in Nördlingen. Er hatte eben
wieder einmal einen seiner heftigen Anfälle von Podagra, die er sich
auch in seinen Memoiren mit pedantischer Genauigkeit aufzuzeichnen
pflegte. Er war in solchen Zeiten sehr schwer zugänglich; und die