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der Griffel des Historikers sich fand, der sie nach großen classischen
Vorbildern zu beschreiben wußte.
Wir haben Herrn Jacob Philippson aus Sleida an der
Seite Jacob Sturms zu nicht geringem Nutzen der Stadt Straß-
burg thätig und eifrig gesehn. Man wird an die alten Zeiten er-
innert, wo der Bürger Ellenhart oder der Ammeister Twinger die
Geschichten der Stadt von schriftenkundigen Männern aufzeichnen
lassen. Ebenso steht Jacob Sturm neben unserem Sleidan.
Aber die Zeit war eine völlig andere, als jene, wo Closener
und Königshofen ihre schlichten Erzählungen von dem individnellen
Leben der deutschen Stadt geliefert. Der Mann, dessen Geist an
Platons Staatsschriften gereift war, fand Straßburg als ein wich-
tiges Centrum des großen allgemeinen politischen Lebens und schrieb.
eine Geschichte der Zeit von weitestem Umblick.
Auf der vellen Höhe des Lebens angelangt, war Sleidan
nach Straßburg gekommen. 1506 an der Eifel geberen, führte ihn
der innere Drang und die Richtung seiner Studien nach Köln und
Löwen, nach Paris und Orleans. In Hagenau lebte er lange als
Historiograph des Schmalkaldischen Bundes, in Straßburg seit
1542 als Rechtslehrer, wo er am 31. October 1556 starb. Seine
Thätigkeit war aber immer politischer Art. Mit dem Minister
Franz des I., Jean du Bellay stand er in lebhaftem Briefwechsel, am
fruchtbarsten war seine Verbindung mit dem bürgerlichen Staatsmann
von Straßburg. Als herverragend bezeichnet er selbst den Einfluß,
den Jacob Sturm auf sein Geschichtswerk genemmen. Denn dieses
behandelt in 26 Büchern die ganze Zeit vom Auftreten Luthers bis
zu Karls V. Resignation. Nach einer zwar unverbürgten Erzählung
soll der Kaiser nach der Lectüre des Werkes gesagt haben: „Entweder
waren meine Minister Verräther, oder der Mann, der dies schrieb,
war der Hausgeist meiner Regierung.“ Kann man solches Lob im
vollen Umfang auch heute nicht bestätigen, so ist doch aus diesem
Geschichtswerke, welches mit der seltensten Fülle von Staatsacten und