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Und an sie schließt sich von 1570 bis 1590 die umfassende
Thätigkeit Johann Fischarts, der als Humorist und Publicift unter
den Zeitgenossen nicht seines gleichen hatte.
Das deutsche Drama des Elsasses kann sich (wenn wir von
den Stücken des Valentin Boltz und Mathias Holtzwart absehen,
die zu Basel aufgeführt wurden) an Fruchtbarkeit mit dem Schweizer
Schaufpiel so wenig messen, wie mit den Leistungen der Hans Sachs,
Leonhard Kulmann, Peter Probst und Jacob Ayrer zu Nürnberg.
Erst zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts sollte das Straß-
burgische Drama sich die Siegespalme erringen, aber auch dann nur
für das lateinische Schauspiel.
Das deutsche Drama des Elfsasses war Volksschauspiel. Es
war unberührt von dem Muster der Antike und ganz vereinzelt bleibt
der Versuch des Straßburgischen Gymnasiallehrers Jonas Bitner,
Uebersetzungen classischer und humanistischer Originale mit seinen
Schülern aufzuführen: die antike Richtung war eben selbständig durch
das lateinische Schuldrama vertreten, und das genügte.
Das elsässische Volksschauspiel hatte auch nichts von der skizzen-
haften Art des Hans Sachs: es liebte die breite epische Ent-
wickelung wie meist in der Schweiz. Nichts wird übersprungen,
nichts geht hinter der Scene vor sich, nichts wird blos durch Er-
zählung bekannt: Alles vollzieht sich vor den Augen des Zuschauers
in strenger zeitlicher Aufeinanderfolge von den Anfängen der Ge-
schichte bis zum Schluß. Die Handlung soll bunt und farbenreich
sein, es muß viel geschehen, die Wirklichkeit muß bis ins Kleinste
nachgebildet werden. In Wickrams Tobias wird uns bei jedem
traurigen oder freudigen Familienereignis weder Beileid noch Gra-
tulation der Nachbarn geschenkt, niemals fehlt der Festschmaus,
niemals fehlt beim Essen das Tischgebet am Anfang und Schluß,
niemals fehlen ausführliche Begrüßungs= und Abschiedsreden beim
Kommen oder Gehen, niemals fehlt selbst das Lied, mit welchem
die Reisenden ausziehen: „In Gottes Namen fahren wir.“
Die Bühne erhebt sich in drei Stufen, gleichsam Terrassen,