Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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Es ist eben ein Fortschreiten mit Hindernissen. An jeder Station 
wird Halt gemacht, in jeder Kneipe wird geschwelgt. Doch das ist 
ein falsches Bild. Denn ein solches Reisen wäre sehr behaglich, und 
behaglich ist Fischart gar nicht, vielmehr lebhaft bis zum Uebermaß. 
Ruhen läßt er uns nicht, wir fühlen uns gehetzt, getrieben, gejagt, 
wir werden athemlos, wir keuchen, wir stöhnen, wir werden müde, 
unfre Stimmung wird Ungeduld, wir flehen um einen Augenblick 
des Stillstehens — aber wir sind von der wilden Jagd mitgerissen 
in ihrem rasenden Galopp — ja, es ist die wilde Wörterjagd; Fratzen, 
Ungethüme, Scheusale umgeben uns; Wortcearicaturen tauchen im 
Zwielicht auf, „abenteuerlich“ ist „affentheuerlich“, melancholisch ist 
maulhenkolisch, Podagra ist Pfotengram, Republik ist Reichpöblich- 
keit, Theologei ist Tollosei — und so gehts fert in unendlichen 
Wandlungen und Verhüllungen, Fischart besitzt den Zauberstab um 
aus dem harmlosesten Wort einen Proteus zu machen. Sein Gar- 
gantua ist die sprachliche Walpurgisnacht. 
Mit dem Gargantua läßt uns Fischart in seine innerste Natur 
blicken. Ein solches übermächtiges Temperament, ein solches um- 
getrielenes gehetztes Dasein: das war der Mann selbst. Ruhen? 
Stille sitzen? Zuerst wollte er nicht, dann konnte er nicht. Er 
durchreist halb Europa, er eignet sich außer den beiden classischen 
nech verschierene moderne Sprachen an, er häuft durch Erleben und 
Erlernen eine riesige Summe von Kenntnissen aus allen Wissen- 
schaften in sich auf. Aber er führt immer eine unsichere Litteraten- 
existenz, oebwol er 1574 zu Basel den juristischen Doctor machte; 
er muß sich zu mancher Schriftstellerei beguemen, gegen die er in- 
nerlich sich sträubt; er sehnt sich allmälich auch nach einer festen 
Position, der Wunsch, ein Haus zu gründen, stellt sich ein, er klopft 
hier und dort an; aber erst um 1583 verschafft ihm ein Rappolt- 
steiner die Stelle eines Amtmanns zu Forbach. Nun heiratet er, und 
ein Knabe und ein Mädchen sind die Frucht seiner Ehe. Er besitzt 
nun das Glück, daß er so schön zu rühmen wußte; er hat ein „hold- 
selig, anmütig, zuthätig, mundsüßig, liebäuglig, mild, nett, glatt,
	        
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