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schön und zart erschaffen Weib“; und er hat Kinder, „der Eltern
schönsten Wintermaien, Leidvergeß und Wendpnmuth, des Vaters
Leitstäbe und Stützen, in welchen sein Alter wieder blühsam wird“
er hat wodurch er sich gesegnet fühli und was ihm alle Arbeit süß
macht. Aber er genoß die „traumgebildet hoffend Freud“ nicht lange.
Schon im Jahre 1590 starb er, noch nicht fünfzigjährig.
Auch der Ruheloseste kann nicht fortwährend in Aufregung
leben. Wie ein wüthender Tänzer wol sich einmal besonders aus-
rasen will, so rast sich Fischart im Gargantua aus. Aber er hat
auch gehaltenere Stimmungen, er kann auch einfach und klar in
sorgfältiger Entwickelung reden, und wenn wir ihn da weniger be-
staunen, so ist er uns mehr wohlthuend und erfreulich. Insbeson-
dere der Vers legt ihm Zaum und Zügel an, aber wie geistreich
und belebt, wie voll von zierlichen Spitzen und Wendungen sind
Fischarts Gedichte, wie weit entfernt von dem gewöhnlichen öden und
kahlen, schleppenden, hinkenden, lückenhaften und ausgeflickten Ge-
reimsel des sechszehnten Jahrhunderts.
Es zieht sich eine Ader volksthümlichen Humors durch Fischarts
poetisches Produciren. Sein erftes Werk ist der gereimte Eulen-
spiegel und im Sinne der beliebten Thierpoesie wie Reineke Fuchs
dichtet er seine köstliche Flshhat. Nehmen wir dazu ein ironisches
Lob des Podagra (Podagrammisch Trostbüchlein), so haben wir die
harmlese Schriftstellerei Fischarts, worin der Scherz um seiner selbst
willen auftritt, so ziemlich beisammen. Aber sein eigentlicher Lebens-
beruf ist die Publicistik. Ob er nun für die Volksaufklärung zu
wirken sucht, indem er die Wahrsagerei und die Wetterprophezeiungen
der Kalender lächerlich macht, wie in „der Praktik Großmutter“ ob
er zum Hreis der Ehe, ob er für christliche Kinderzucht das Wort
ergreift; ob er über die Politik seiner Vaterstadt oder über allge-
meine europäische Verhältnisse seine Meinung ausspricht; ob er für
den Straßburger Gottesdienst Pfsalmenlieder dichtet, ob er gegen den
Katholicismus, ob er gegen die Jesuiten kämpft, ob er für die Hu-
genotten und den Calvinismus sich ereifert: überall sind es praktische
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