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Die Jülich'sche Erbfolgefrage und das Auftreten Leopolds von
Oesterreich am obern und untern Rhein hatten die Beziehungen der
protestantischen Union zu Heinrich IV. von Frankreich, welche
seit den Straßburger Capitelstreitigkeiten so oft angeknüpft wurden,
im eigentlichen Sinne zur reifen Frucht gezeitigt. Roch ließen die
Rücksichten auf Spanien den König von Frankreich solange zögern
bis er das System des Angriffs vollständig genug ausgesponnen
hatte, um in Italien und Deutschland hinreichende Bundesgenossen
zu finden. Aber schon rückte die Zeit näher, wo er, fest entschlossen
auf jede Gefahr hin die österreichische Festsetzung in Jülich zu hinter-
treiben, zum Kriege sich rüstete. Epernon, Sully, Nevers, Rohan
hielten sich in Bereitschaft, die Commandos zu übernehmen, die
Schweizer waren auf dem Wege zu den Hommes d'Armes zu stoßen.
Man hörte den König sagen: „gegen das Land Jülich würde eine
geringe Schaar genügen, allein alle die Ungebühr, die er von Spa-
nien her erfahre, mache es für ihn nothwendig, eine stattliche könig-
liche Armee von 30,000 Mann ins Feld zu stellen.“ Chalons,
Mezieres und Metz waren die Sammelplätze. Der Bischof Leopold
von Straßburg sollte in Zabern rasch von dem letztgenannten Orte
aus überfallen, seine Verbündeten niedergemacht, seine Feinde zum
Beistand aufgefordert werden. Auf die Protestanten in Straßburg
glaubte man zählen zu können. Natürlich versicherte Heinrich IV.,
daß er nichts suche, als den rechtmäßigen Fürsten von Jülich und
Cleve zu ihrem Besitz zu verhelfen. Aber welches auch die Pläne
des Königs sein mochten, und wie chimärisch auch die neuen Karten
von Europa aussahen, welche das französische Cabinet der politischen
Kannegießerei vorzulegen wußte — das eine läßt sich wol behaupten,
das Elsaß wäre nicht wieder Heinrich IV. entrissen worden, wenn
der Krieg seinen Fortgang genommen hätte.
Am 18. Mai war des Königs Abreise zur Armee bestimmt,
am 14. traf ihn Ravaillacs Dolch, der von fanatischen Priestern
zur Ermordung des Königs vorlängst bestimmt worden. Es war
eine von den eingreifenden Thaten der Geschichte, welche beweisen