Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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schwisterpaar, die schwärmerischen Anhänger Jesu, die so ganz auf 
beschauliches Leben gerichtet sind, daß sie selbst Essen und Trinken 
vergessen würden, wenn Martha nicht wäre. Auch auf die Neben- 
figuren, Pharisäer und Knechte, erstreckt sich die Abstufung der Cha- 
raktere, je nachdem sie sich zu Jefu halten oder ihm feindlich find. 
Die salbungsvollen breiten Reden werden durch eine satirische Schil- 
derung der über Lazarus befragten Aerzte, die sich unter einander in 
die Haare gerathen und alle nichts wissen, angenehm, aber leider nur 
einmal unterbrochen. Als Vorbild des Stils war für Sapidus die 
römische Comödie maßgebend, deren Pflege dann Johannes Sturm 
bei den Schulaufführungen vorzugsweise begünstigte. 
Um 1590 vollzieht sich auch in dieser Hinsicht eine Wendung. 
die Tragödie beherrscht von nun an die Straßburger akademische 
Bühne. Sophekles und Euripides halten ihren Einzug und spornen 
zur Nacheiferung an. Michael Hospein aus Straßburg macht den 
Anfang, hält sich aber mit seinem trojanischen Pferd (1590) und 
seiner Dido (1591) noch allzu sklavisch an die Erzählung in Vir- 
gils Aeneide: und doch drängte sich Alles herbei zu den Auffüh- 
rungen, so daß das Theater die Menschen nicht fassen konnte. Der 
Antheil des ungelehrten Publicums wurde überhaupt jetzt so lebhaft, 
daß man ihm vollständige Verdeutschungen in die Hände gab, damit 
es der Vorstellung in allen Einzelheiten zu folgen vermochte. 
Die Blüteepoche des Straßburger lateinischen Theaters fällt in 
die ersten zwei Jahrzehende des siebzehnten Jahrhunderts. Und Kaspar 
Brülow ist der Name, an welchen sich diese Blüte hauptsächlich knüpft. 
Kaspar Brülow war zu Pyritz in Pommern 1585 geboren 
und kam etwa 1607 nach Straßburg, um dort zu studiren. Man 
hielt den begabten Mann fest, machte ihn zum Gymnasiallehrer und 
später auch zum Universitätsprofessor der Poesie und Geschichte: als 
solcher starb er 1627, erst 42 Jahre alt. 
Er war von früher Jugend an auf dramatische Poesie gerichtet, 
und Niemand ist so ausdauernd für die Straßburger Bühne thätig 
gewesen, wie er. Er lieferte alle Jahr ein Stück: 1612 die An-
	        
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