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von der leidenschaftlichen Heftigkeit Fischarts. Es sind mehr kleine
Plänkeleien und gutmüthiger Spott gegen allerlei Ceremonien und
Feste der alten Kirche, gegen die lügenhaften Legenden (die Lügenden,
wie man sie gerne nannte), gegen das Ablaßwesen, gegen den Hei-
ligencultus u. s. w. Reizend ist seine Schilderung des papierenen
Kalenderhimmels der Heiligen, die sich dort offenbar in keiner allzu
gemüthlichen Situation befinden: müssen sie doch für ihr ganzes
„Papyreum“ fortwährend fürchten, wenn etwa die Mäuslein ein
Loch darein fräßen und ein Heiliger durchfiele, der dann nicht mehr
zurückgelangen könnte. Und wie knapp ist es bei ihnen mit Nahrung
und Kost bestellt! Wie ängstlich muß das Futter für den Schimmel
aufgespart werden, mit dem sich der heilige Georg und der heilige
Martin gemeinschaftlich behelfen! Kurz, man sieht: die ganze Ge-
sellschaft ist pensionirt und muß sich recht kümmerlich durchschlagen.
Während aber Spangenberg so harmlos scherzte, entbrannte um
ihn her der confessionelle Federkrieg mit erneuerter Heftigkeit. Durch
die Erhebung der jesuitischen Lehranstalt Molsheim zu einer Univer-
sität (1617) und das gleichzeitig gefeierte hundertjährige Jubiläum
der Reformation stieg Wuth und Eifer auf den häöchsten Grad.
Der witzige Gottlieb Dachtler, der gelehrte Oseas Schadäus waren
die Vorkämpfer auf protestantischer, der Molsheimer Jesuit Peter
Röst auf katholischer Seite. Dachtler schrieb z. B. über das „Affen-
spiel der Bettelmönche mit dem heiligen Evangelio,“ er schrieb gegen
die Jesuiten als die Janitscharen der Päpste, er schrieb einen „Je-
suiterischen Schlangenbalg“ zum Beweis, daß der Jesuitismus nur
ein neuer Balg der alten Bettelmönche sei; Oseas Schadäus schilderte
die Jesuiten als den Schwanz des apokalyptischen Thieres, aller
Laster voll; Peter Röst seinerseits suchte die Gegner zu ärgern, in-
dem er die altüblichen persönlichen Verleumdungen Luthers vorbrachte.
Von allen diesen Streitigkeiten weit abseits finden wir den
Lütticher Daniel Sudermann (geb. 1550, gest. nach 1631) der nach
langem Hofmeisterleben bei verschiedenen Grafen und Herren in
Straßburg als Vicar am Bruderhof zur Ruhe gelangte und in den