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sind genau wie ihre Maler, und wenn jemand eine Geschichte der
franzöfischen Diplomatie schriebe, so müßte er zeigen, daß dieselbe
unter allen Formen sich Jahrhunderte lang gleich geblieben, etwas
tppisches besitze, wie die französische Malerei.
In allem, was diese französischen Diplomaten thaten und schrie-
ben, herrschte die Tradition, und es ist nichts interessanter, als ein
Buch zu lesen, in welchem in unserem Jahrhundert ein für Frank-
reich sehr begeisterter deutscher „Maire“ von Straßlurg alle Briefe
zusammenstellte, welche die französischen Machthaber an den Rath
seiner deutschen Vaterstadt gerichtet haben. Der Eindruck ist nur ein
anderer, als der, welchen der Herausgeber erwartete. Denn während
dieser ein Denkmal französischer Größe zu liefern meinte, muß der
unbefangene Leser vielmehr staunen, wie eine ganze Nation die heuch-
lerische Phrase mit solcher Meisterschaft durch so lange Jahrhunderte
in ihren verschiedensten Gliedern schulmäßig gebrauchen lernt, um
einen Raub ohne Gleichen vorzubereiten.
Wir wissen schon wie König Franz und König Heinrich mit
Straßburg in Verkehr traten und wie der Rath von Straßburg in
gewissen verzweifelten Lagen gleichsam die Hand zum Bunde aus-
streckte, um sich gegen Gewaltthätigkeit nach anderer Seite hin zu
schützen. Wir erinnern uns der Absichten Heinrichs II. auf Straßburg,
nachdem Metz, Toul, Verdun genommen waren. Der König theilte
den Straßburgern damals (1552) das Geschehene selber mit und stellte
sich als einen guten Vater dar, der die Freiheit der Bürger gegen
die Tyrannei der Habsburger schütze. Noch bezeichnender ist das
Verfahren der Franzosen während ihrer Bürgerkriege. Wie sehr sich
die Parteien in Frankreich bis zur Raserei der Mordnächte verfolgten,
in ihrem Verhalten gegen die Deutschen sind sie beide gleich zuvor-
kommend, sowohl die Guisen, wie die Hugenotten suchen die Freund-
schaft und das Bündnis des mächtigen Straßburg. Karl IX., Hein-
rich III., Heinrich IV., alle legen eine gleich große Sorgfalt für
das Gedeihen des nachbarlichen Freistaats scheinbar an den Tag, und
es ist eigenthümlich zu lesen, wie der schwachsinnige Bartholomäus-