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glied des protestantischen Bundes, als dessen formelles Haupt der
Kurfürst Friedrich von der Pfalz galt. Aber bei der Mannigfaltig=
keit der Reichsstände und ihrer Interessen im Elsaß hatte sich schon
in den letzten Jahren in der Jülich'schen Erbfolgefrage gezeigt, wie
die Verwickelungen im Reich für dieses Land jederzeit bedrohlich
werden konnten. War der Schauplatz des jülichischen Krieges größten-
theils im Elsaß, weil der Administrator des Bisthums von Straß-
burg, der Erzherzog Leopold von Oestereich, die Sequestration des
herrenlosen Landes in Anspruch nahm, so enthielt die Reichsacht,
welche Kaiser Ferdinand über den Pfalzgrafen Friedrich verhängte,
eine neue Aufforderung, das protestantische Land dieses unglücklichen
Fürsten ebenfalls in den Machtkreis der katholischen Welt zu ziehen.
Andererseits war nicht zu läugnen, daß auch die protestantischen
Unionsfürsten ihre Gedanken auf die österreichischen Besitzungen ge-
richtet hielten, welche als Vorposten der römischen Welt sich im Elsaß
ausdehnen. Der Bisthumsstreit vom Jahre 1592 und die Möglich-
keit, in dem protestantischen Lande zu Macht und Ansehen zu gelan-
gen, übte noch immer den größten Reiz auf die protestantische Fürsten-
politik. Wäre die Union in Böhmen siegreich gewesen, so hätte sich
der Rückschlag ohne Zweifel auch im Elsaß gegenüber dem hier
begründeten habsburgischen Uebergewicht geltend gemacht. Es ist nicht
zu verkennen, daß man in Straßburg alle Vorbereitungen traf, um
die Unionspläne auch in diesem Lande auszuführen. Zur Zeit, als
dem Bruder des Bischofs Leopold in dem fernen Böhmerland die
Krone entrissen wurde, hatte der vorsichtige Rath von Straßburg
eine Reihe von Maßregeln ergriffen, die auf Krieg schließen ließen.
Obwol ringsum alles im Frieden war, wurde doch die große Rhein-
brücke, deren Wacht Straßburg als eines seiner theuersten Vorrechte
betrachtete, mit vermehrten Schanzen und Geschützen versehen; es
wurden Kriegsvölker geworben, als die Nachricht von dem Tode des
Kaisers Matthias kam; es wurden Sicherheitsmaßregeln gegen die
von Erzherzog Leopold im Oberelsaß gesammelten zur Bekämpfung
der böhmischen Rebellen bestimmten Söldner getroffen. Es war eine