327
das habsburgische Uebergewicht in Deutschland zu zerstören, aus reli-
gioͤsen Motiven in erster Reihe entsprungen wäre. Allein in den
Reichsstädten und unter den Bürgerschaften, bei der großen Masse
des Volkes darf man die confessionellen Antriebe und Leidenschaften
in keiner Weise unterschätzen, die seit dem Restitutionsedict entfesselt
worden sind. In Straßburg war man über die Politik des Kai-
sers um so erbitterter, da man doch freiwillig mit dem Kaiser Frieden
gemacht, während alle Welt gegen den Stadtrath Veorwürfe erhob,
daß dessen Verfahren Ursache gewesen wäre, wenn Mansfelds Ver-
suche vor wenigen Jahren im Elsaß scheiterten. Die Partei wuchs,
welche von Kaiser und Reich nicht anders dachte, als von Feinden
des Landes und welche den Abfall vom Reiche als die Erlösung
von steter Gefahr schon damals betrachtet hätte.
Und wie merkwürdig; immer in solchen Augenblicken finden
wir die französische Diplomatie auf dem Gebiete von Straßburg
thätig, immer mit Liebesanträgen bereit, die Leiden der Stadt zu
lindern und ihre Freiheiten zu schützen. Schon im Jahre 1624
hatte sich ein französischer Gesandter in Straßburg eingefunden, de
la Haye, welcher ein Cerps von 15000 Mann zum Schutze gegen
jeglichen GCeind anbot. Auch finanzielle Hilfe wurde von Seite der
französischen Regierung den Straßburgern versprochen und gewährt,
denn seit etwa zwei Jahren war das sonst so geordnete Finanzwesen
dieser reichen Stadt in tiefen Verfall gerathen. Sehr schlechtes
Geld, welches viele Münzherren in den letzten Jahren in betrüglicher
Absicht schlagen ließen, welches aber auch durch unerhörte Münz-
fälschungen in Cours gekommen war, beförderte den Börsenschwindel
in unerhörtester Weise. Im Elsaß traten einige Notjahre hinzu.
In Straßburg entstand wachsendes Mistrauen gegen den Rath,
dessen einzelne Mitglieder im Verdachte der Theilnahme an der ver-
haßten Agiotage standen. Die einzelnen Körperschaften des Rathes
haderten unter einander, die Fünfzehner und die Dreizehner standen
einander schroff entgegen, und der Ammeister Heller sprach es im
Jahre 1628 vor ganzer Rathsversammlung aus, daß man in der