332
henden Truppen, nachdem sich die Schweden überall zum Rückzuge
anschickten.
War es da zu verwundern, daß die Blicke des Elsasses sich
immer mehr nach dem mächtigen Frankreich richteten? Man könnte
nicht behaupten, daß dieses ohne jede Sympathie der deutschen Bevöl-
kerung den kühnen Griff nach dem Rheine gethan habe. Aber das
eine kann man nicht scharf genug betonen, wie der Plan der Be-
sitzergreifung aus der finstersten und rücksichtslosesten Ueberlegung
einer Henkerseele hervorging, welche lediglich darauf rechnete: Je
größer das Elend, in welches das Land durch den Krieg versetzt
wird, desto besser und sicherer die Aussicht, es für Frankreich zu
gewinnen.
Für die Art und Weise, wie das deutsche Reich dieses Elsaß
verloren, ist die einfache Thatsache bezeichnend, daß es kein gewal-
tiger Krieger, kein Eroberer, kein Mann von vordrängender Leiden-
schaft war, der es nahm, sondern ein in den Kanzleien des Staates
zum politischen Führer Europas emporgekommenes Talent, dazu ein
Priester und Cardinal. Zwar wußte er auch im blauen Stahl-
harnisch mit blankem Schwert an der Spitze der Armeen zu er-
scheinen, aber immer erst dann, wenn der Sieg seiner Sache gewis
war. Ob er in Mantua das Uebergewicht des nationalen König-
thums, ob er in Rochelle die Demütigung einer widerspenstigen Re-
ligionspartei beabsichtigte, das Erscheinen seiner Soldaten war immer
nur der letzte Act eines handlungsreichen Schauspiels.
So hatte Richelien auch seinen Plan auf das Elsaß langsam
reifen lassen. Die Schutzbedürftigkeit der Rheinländer wurde von
einem Kurfürsten von Trier damals zuerst unumwunden und unbe-
dingt ausgesprochen, und es war dadurch den kleineren Reichsständen
ein gar verführerisches Beispiel gegeben. Philipp von Söttern, der
sein Erzbisthum, wie Sixtus V. den Kirchenstaat befestigt und
zwei für die damalige Zeit sehr starke Festungen, den Ehrenbreiten-
stein und Philippsburg erbaut hatte, erklärte öffentlich zur Zeit des
Schwedenkriegs, daß Kaiser und Reich unvermögend wären Schutz