23—
geschlechter geordnet werden; hierauf folgte eine Epoche vollkommener
Selbstverwaltung der Bürgerschaft und die volle Unabhängigkeit ven
allen bischöflichen Beamten.
In Straßburg war es Bischof Heinrich von Veringen, unter
dessen Regierung der erste entscheidende Schritt auf dieser vor-
gezeichneten Bahn geschah. Anfangs sprachen die Schöffen nicht
selber das Recht, sie überwachten bloß das Gericht, welches der
Schultheiß nach den Statuten pflegte, bald jedoch findet man Gericht
und Polizeiverwaltung in den Händen des Stadtraths. Dessen Macht
ist es, die sich von Stufe zu Stufe hebt, so daß die Consuln und
Richter, völlig unabhängig vom Bischof, auch die Ministerialen
desselben vor ihr Forum ziehen, und den geistlichen Herrn mehr und
mehr auf die Ausübung geistlicher Thätigkeit zu beschränken wissen.
Immer als die Krone dieser städtischen Entwickelung wird man es
anzusehen haben, wenn es gelingt, Kaiser und Könige zu bestimmen,
daß sie das Gemeinwesen unter ihren eigenen unmittelbaren Schutz
nehmen, und der Stadt die Rcichsunmittelbarkeit verleihen. Man
hat in Straßburg das entscheidende Wort der Reichsfreiheit dank-
baren Angedenkens immer dem König Thilipp von Schwaben zu-
geschrieben, und die Staufer erklärten in der nächsten Zeit die
Reichsstadt Straßburg zu wiederholten malen in ihren und des
Reiches Schirm und gaben Brief und Siegel darüber. Ein einsichts-
voller Bischof aber, Herr Heinrich von Stahleck, veranlaßte, daß
die so gewachsenen Rechte der Stadt und ihre Beziehungen zum
bischöflichen Hof- in einem Grundvertrag geordnet und festgestellt
wurden, und von nicht geringerer Bedeutung war, daß Straßlurgs
Stadtrath nun auch als Obergericht von allen Gemeinden angerufen
wurde, welche unter dem Straßburger Krummstab lebten.
In dieser Entwicklung eines großen Gemeinwesens zeigt sich
uns nun das Bild des reinsten deutschen Lebens. Es kommt dabei
nicht auf den Inhalt der Gesetze und Gebräuche im einzelnen an,
die sich im Laufe zweier Jahrhunderte Geltung verschafften, denn
was man in Straßburg als Recht erkannte, mochte Aehnlichkeiten