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übernehmen mußte, die sich jährlich auf 20000 L. bezifferten. Außer-
dem mußte die Stadt vertragsmäßig eine Reihe von Kasernen er-
bauen, deren Kosten auf 800000 L. veranschlagt wurden, ein mili-
tärisches Hospital mußte hergestellt werden, welches 120000 L. kostete.
Die jährliche ordentliche Steuer, welche Straßburg zu zahlen hatte,
betrug 100000 L. Dazu kamen unter allerlei Formen die in Frank-
reich von den Bürgerschaften geforderten sogenannten Donsgratuits
an den Hof, die man gegen das Ende des Jahrhunderts auf
1,515000 L. berechnete. Die Stadt hatte überdies für Offiers-
Wohnungen, Holz und Beleuchtung der Kasernen zu sorgen, und
die Stadtrechnungen verzeichnen noch außerdem ansehnliche Geschenke,
welche den königlichen Beamten gemacht werden mußten: Die
Selbständigkeit der Stadtverwaltung wurde von den Franzosen höch-
stens dem Scheine nach geachtet, Ulrich Obrecht erhielt die Stelle
eines königlichen Prätors, der die Oberaufsicht über das Stadtwesen
führte, und allerdings die geeignetste Persönlichkeit war, um dem
königlichen Interesse zu dienen; auch Günzer trat in den königlichen
Dienst in einer der Straßburger Verfassung völlig unbekannten
Stelle als Consulent. Nach allen Seiten war so das französische
Netz ausgespannt, welches jede Selbständigkeit der Bewegung erstickte.
Volle Freiheit der Action erhielten nur die katholischen Orden,
welche in immer größerer Zahl in Straßburg sich verbreiteten. Die
Jesuiten von Molzsheim richteten sich im Bruderhofe, die Kapuziner in
einem neuen Kloster ein, das der König erbauen ließ; andere Corpora-
tionen, wie die Johanniter, verlangten für ihre im 16. Jahrhundert
verlorenen Besitzungen Entschädigungen. Im käniglichen Dienst
wurden nur Katholiken geduldet. Günzer und Obrecht waren gleich
nach der Occupation zur römischen Kirche übergetreten. Von dem
Stadtmagistrat wurde verlangt, daß er aus Rücksicht für das Be-
kenntnis des Königs am Frohnleichnamefeste der Prozession des Bi-
schofs das Ehrengeleite gebe. Seit 1687 mußten der Magistrat und
die Stadtämter zur Hälfte mit katholischen Bürgern besetzt werden.
Wer in den Schoß der katholischen Kirche zurückkehrte, erhielt Ab-