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als nationale Forderung aufgestellt hätte. Erst nach dem Friedens-
schlusse begann eine Agitatien gegen die Bestimmungen, durch welche
die alten deutschen Reichsländer im Besitze des Erbfeindes gelassen
wurden. Es war Görres, der veranging, nachher folgte Arndt mit
der bekannten Schrift „Der Rhein, Deutschlands Strom, nicht
Deutschlands Grenze.“ Von da ab erwachte die Sehnsucht der
Deutschen, ein sichtbares Pfand ihres Sieges, ihrer Riesenleistungen,
ihrer Sicherheit zu besitzen. Aber diese Stimmung ging weit hinter
den Friedensverhandlungen her. Sie war jedoch stark und mächtig,
und daher kam es, daß man nach dem zweiten großen Kriege, welchen
neben den Engländern die Deutschen ohnedies allein entschieden
hatten, bei den Unterhandlungen des zweiten Pariser Friedens zum
erstenmale energisch und bestimmt von der Losreißung Lothringene
und Elsaß ven Frankreich sprach.
Der Unterschied in der Behandlung dieser Frage bei den Frie-
densschlüssen von 1814 und 1815 lag in der Stellung Preußens
zu derselben, denn so wenig es früher durch territeriale Interessen
bestimmt war, die Losreißung zu begehren, so entschieden war es
engagirt, da die ganze Angelegenheit eine nationale Bedeutung er-
halten hatte. Gewichtige Stimmen, welche nicht unbeachtet bleiben
konnten, erhoben sich für die Erwerbung der alten Reichsländer und
sprachen lauten Tadel über die Bestimmungen des ersten Friedens
aus. Blücher und Gneisenau, Stein und Humboldt gaben dem
allgemeinen nationalen Gefühle Ausdruck. Es war für die deutsche
Großmacht unmöglich, den legitimistischen Sympathien ihrer Ver-
bündeten nochmals stillschweigend beizupflichten: Preußen mußte
endlich das Wort der deutschen Forderungen in die Wagschale der
Friedensverhandlungen werfen, und es kann nicht geläugnet werden,
daß dasselbe die englischen, russischen und österreichischen Gleich-
Fewichtsbestrebungen sofort auf das Tiefste beunruhigte.
Hierin lag aber auch der einzige nationale Gewinn des zweiten
Pariser Friedens, daß Preußen die deutschen Ansprüche auf Elfsaß
und Lothringen betonte, daß es sich zum Dolmetsch dessen machte,