Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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Erinnerung der Franzosen nicht bloß, sondern auch der Elsässer fest- 
hielt. Denn bis auf unsere Tage wußte jeder gute Franzose die 
Histerie von dem berũhmten Vertheidiger Hüningens dem General 
Barbanegre zu erzählen, welcher mit 150 Mann einer ganzen Armee 
Widerstand geleistet hätte, und die Bewunderung selbst der Feinde 
erregte, als er nach der Capitulation von dem freien ehrenvollen 
Abzug der Besatzung Gebrauch machte und mit einigen Offieieren 
an der Spitze von fünfzig eder wie andere gar behaupteten, nur 
drei Mann durch die endlosen Reihen der Belagerungsarmee mar. 
schirte. Die Wahrheit war die, daß die Besatzung von Hüningen 
neben den Liniensoldaten aus mehr als 3000 Molilgarden beftand, 
welche aber vor der Capitulation, schon während der Belagerung, 
zum Feinde in schmählicher Weise übergelaufen waren, so daß am 
Tage der Uebergabe Barbanegre, wenn auch nicht mit 50, so doch 
allerdings nur noch mit 1917 Mann regulärer Truppen alziehen konnte. 
So war das letzte kriegerische Ereignis des Jahres 1815 im 
Elsaß zu einer jener Mythen umgewandelt worden, welche den 
Glauben nährten, die Integrität des französischen Reiches sei unter 
allen Umständen durch die Tapferkeit, Unüberwindlichkeit und Auf. 
opferungsfähigkeit der Franzosen gesichert, und es wäre nicht eine 
Folge des guten Willens und der diplomatischen Intriguen, sondern 
ein Beweis der nie völlig zu besiegenden Kraft gewesen, wenn die 
alten deutschen Länder ungestört im Besitze Frankreichs geblieben sind. 
Sage, absichtliche Entstellung und offizielle Lüge hatten die alten 
Bewohner des Reichslandes völlig außer Stande gesetzt, über die 
wahren politischen Machtverhältnisse auch nur zum Nachdenken zu 
gelangen. Auch nach Napoleons Sturz erhielt sich im elfjässischen 
Volke die Fabel von der ersten Nation der Welt, welcher anzuge- 
bören unsere einstigen Stammesbrüder als ihren höchsten traurigen 
Ehrgeiz erachteten. 
Was sich trotzdem an Liebe zur alten Mutter in mancher stillen 
Brust erhalten hat, das offenbarte sein bescheidenes Dasein nur in 
wenig gelesenen Büchern, in poctischen Ergüssen, in vertraulichen
	        
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