470 Erster Theil. Neunter Titel.
§. 328. Wählt der Grundeigenthümer das letztere, so muß das Abbrechen und
Wegräumen auf Kosten des Bauenden erfolgen; und dieser haftet noch außerdem, nach
dem Grade seiner Verschuldung. dem Eigenthümer für den erlittenen Schaden und ent-
gangenen Gewinn.
8. 329. Verlangt der Grundeigenthümer die Erhaltung des Gebäudes, so kann
er sich dasselbe entweder selbst jueignen, oder es mit dem dazu gehörenden Gumde und
Boden dem Bauenden überlassen.
§. 330. Will der Guundeigenthümer das Gebäude behalten, so muß er dem
Bauenden die verwendeten Baukosten, so weit sie den Werth des Gebäudes, nach der
Schätzung der Sachverständigen, nicht übersteigen 51), erstatten.
§. 331. Will der Grundeigenthümer das Gebäude dem Bauenden überlassen,
so muß dieser ihm den Werth des Grundes und Bodens vergüten, und noch außerdem
densenigen Schaden erstatten, welchen der Eigenthümer, durh Verengung des nöthigen
Platzes, oder sonst, nach seiner Lage und seinem Gewerbe erweislich leidet.
§. 332. Hat der Eigenthümer 515) des Grundes und Bodens um den Bau ge-
wußt 515), und nicht sogleich 51 *), als er davon Nachricht erhalten, der Fortsetzung
desselben auf eine solche Art, daß es zur Wissenschaft des Bauenden gelangt ist, wider-
sprochen, so muß er mit der bloßen Entschädigung 5 14) für Grund und Boden sich be-
gnügen 52).
ist darüber kein Zweifel. S. o. Anm. 24 zu §. 275. Nach dem L.-R. kann der Bauende für den Ei-
genthümer der Superfizies angesehen werden, mit den Verpflichtungen, welche ihm die Vorschriften
8§. 328 ff. auflegen; es kann aber auch der Grundeigenthümer für den Eigenthümer der Anlage mit
der Berpflichtung aus dem §. 330 gehalten werden, und dieses entspricht dem Rechtssysteme mehr, hat
auch den Sinn gs §. 330, welcher in dem Worte „behalten“ liegt, für sich.
51) Er haftet unbedingt nur in quantum locapletior lactus est. Der Satz ist entnommen aus
Leyser, Med., sp. 447. m. 1 u. 2; und Müller, Promptuar. v. impensae, no. 7. Bergl. 3. 30
Inst. de rer. divisione (II, 1); L. 23, 8386. 4, 5 D. de rei vind. (VI, 1).
512) . A.) Oder Miteigenthümer. Oben, Anm. 485. — Der Eigenthümer muß völlig hand-
lungsfähig sein: denn eine stillschweigende Willenserklärung hat nicht größere Krast und Wirksamkeit
ale eine ausdrückliche. Ist daher das Gebäude auf dem Grundstücke einer Stadegemeinde unter der
Herrschaft der Städteordnung vom 30. Mai 1858 erricheet worden, so ist zur Anwendung des Grund-
satzes von der Inadifikation im §. 332 die stillschweigende Einwilligung der Stadtgemeinde, vertreien
durch den Magistrat und die Stadtverordneten, nicht genügend, sondern es ist auch noch die des Staa-
tes, vertreten durch die betreffende Bezirksregierung, erforderlich. Süädgeardnung vom 30. Mai 1853,
Ss. 36, 39, 50, 56, Nr. 5; Erk. des Obertr. v. 18. Dez. 1862 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XLILVII, S. 255).
51 ) (5. A.) Der Begriff des Bauens auf fremdem Grunde und Boden nach §. 332 setzt die
Neuerrichtung eines selbstständigen Gebäudes (F. 327) auf fremdem Grunde und Boden mit Bor-
wissen des Eigenthllmers; der Begriff des Bauens an der Grenze nach den #. 340 ff. dagegen setzt
nur das Ueberschreiten der Grenze durch das Vorrücken des auf eigenem Boden errichteten Ge-
Haude in e Zansüs des Nachbars voraus. Erk. des Obertr. v. 6. Nov. 1863 (Arch. f. Rechtef.
d. LII, S. 84).
51e) (4. A.) Darunter hat man hier 24 Stunden (Tit. 3, §. 47) verstanden, so daß der Grund-
besitzer noch den folgenden ganzen Tag, nachdem er den Bau erfahren, zur Einlegung des Widerspru-
ches Zeit hat, nur soll der Widerspruch nicht bloß im Laufe dieler Frist, sondern auch schon bei dem
allerersten Zusammentrefsen beider Theile erhoben werden. M. s. die Gründe zum Pl.jBeschl. des
Obertr. v. 18. April 1843 (Eneich. Bd. IX, S. 3 flf.).
(4. A.) Aus den §Ss§. 327, 332 kann nur das Recht zum Besitze, nur eine petitorische Einrede bei
Bauprozessen abstrahirt werden; in Possessorienprozessen kommen sie nicht in Betracht. Erk. des Obertr.
v. 9. Dez. 1861 (Arch. f. Rechtsf. Bd. XLIV. S. 121).
51 4) (5. A.) Dieser Entschädigungsanspruch ist nur ein persönlicher. Erk. dess. v. 6. Juli 1866
(Entsch. Bd. LVI, S. 39).
52) Die Vorschrift hat folgende Voraussetzungen: 1. Der Bauende muß nicht Besitzer der Bau-
stelle aus einem früheren rechtlichen Grunde sein; sonst kommen, wenn er das Grundstück ohne Titel
ursprünglich in Besitz genommen hat, die Grundsätze des Tit. 7 von Meliorationen des Besitzes zur
Anwendung, und wenn er einen Titel hat, die Regel von der mittelbaren Erwerbung des Eigenthums
(des Grundstückes). Die Grundsätze von der Inädifikation siud mithin unanwendbar, wenn auf einen