Von Erwerbung des Eigenthums. 479
§. 354. Auch dürfen Lehne 5) und Fideikommisse 6), welche der Erblasser be-
sessen hat, dazu nicht gerechnet werden.
§. 355. In sofem aber dem Erblasser auf dergleichen fremde Sachen (5§. 353,
354) Rechte zukommen, welche ihrer Natur nach durch den Tod nicht erlöschen, machen
diese Rechte einen Theil der Erbschaft aus.
Obertribunal nimmt diese Zugehörigkrit ohne alles Weitere für wahr an, bloß deshalb, weil die au-
eblich fremde Sache sich im Nachlasse befunden hatte. Dann wird, ohne logischen Zusammenhang,
sorzgejahlen: „Er (der Bekl.), der die Sache mir dem Nachlasse des Erblassers in Befitz genommen
hat, ist nicht befugt, diesen Besitz eigenmächtig in einen Besitz Namens des vorgeblichen Eigemhümers,
seinen Miterben gegenüder, zu verwandeln, und die Sache auf solche Weise, ohne Zustimmung der
am Nachlasse mirberheiligten Miterben, dem Nachlasse zu entziehen.“ Warum denn aber nicht? Wenn
das Kolonat wirklich eine sremde Sache war, so ging dieselbe die Miterben, welche sich nicht im Besitze
befanden, gar nichts an; die Erwägung trägt daher zur Begründung der Cutscheidung nichts bei.
Von dem Beweise darüber: doß die Sache zur Erbschaft gehöre, kommt keine Silbe vor, in dieser
Beziehung wird sogar die Parteistellung umgedreht. Der Bekl. hatte nämlich, nach der Erbtheilung,
von dem Gutsherrn das Kolonat durch einen mit ihm geschlossenen Vertrag erblich gewonnen. Mit
Bezug hierauf wird gesagt: „Er (der Bekl.) konnte den Rechten seiner Miterben: auf Theilung dieses
Zugehörs des Nachlasses gegen ihn anzutragen, durch seine einseitigen Verträge mit dem Eigenthums-
prätendenten (Gutoherrn) nichts vergeben.“ Das mag unter der gemachten Voraussetzung richtig sein,
aber die Hauptsache ist übergangen: wo ist der Nachweis „dieses Zugehörs"? Der Verirag mit dem
Gutsherrn soll, den Miterben gegenilber, eine res inter allos acta sein, auf die sich der Beklagte nicht
soll berusen dürsen. Das mag wahr sein, thut aber nichts zum Vortheile der Kläger bezüglich auf die
Begründung ihrer Klage: der Bekl. braucht nur das Eigenthum des Erbtassers und solgeweise das Mit-
eigenthum der Kläger zu bestreiten. „Aus eigenein Rechte,“ wird weiter gesagt, „darf daher der
Beklagte der Theilungsklage nicht widersprechen.“ Das kanun er auf sich beruhen lassen, er, als Be-
sitzer, kann aber der Klage widersprechen, weil er das Miteigemhum der Kläger bestreitet. — Schließ-
lich heißt es: „Es fran sich nur noch: ob der Bekl. als Erwerber der Ansprüche der Gutsherrschaft
anzusedben sein und als Nachfolger in deren Rechte das Eigemhum des Kolonats gegen den ellerlichen
Nachlaß (7) in Anspruch nehmen, mithin auf diesem Wege die Theilung abwenden könne? Es hat
aber weder die Gutsherrschaft, noch der Beklagte selbst einen jolchen Vindikationsanspruch förmlich er-
hoben, Bekl. hat nicht reconveniendo auf Zuerkennung des Eigenthums, seinen Miterben gegenüber,
augetragen, was der richtige Weg gewesen wäre.“ Hierdurch werden die Besitz= und Rechtsverhälinisse,
sowie die Stellung der Parteien völlig umgekehrt: dem Besitzer wird die Nothwendigkeit der Vindi-
kation der Sache, die er eben besitzt, oktrohrt. Damit hat die ernstliche Disputation ein Ende. Das
Sach= und Rechtsverhältuiß war dieses: Der Bekl. war Erbschaftsbesitzer. In der Erbschaft befand
sich eine cinzelne Sache, die ein Fremder als die seinige in Anspruch nahm. Der Erbschaftsbesitzer
erkennt das Recht des Prätendenten an. Er hätte nun dem Prätendenten die Sache ausantworten
können. Dadurch würde er den Miterben, die nicht im Besitze waren, verantwortlich geworden sein,
wenn er sich ein Versehen hätte zu Schulden kommen lassen, und sie hätten die Sache von dem
Fremden vindiziren können. Statt dessen kauft er dem Fremden die Sache für sich selbst ab und
macht sich zum Besitzer derselben. Hat sich denn dadurch das Verhältniß der nicht im Besigze befind-
lichen Miterben zur fremden Sache verändert? Die Sache steht so wie in jenein Falle. Wenn die
Miterben solche als eine dem Erblasser zugehörig gewesene heraus haben wollen, so mülssen sie 8 und
nicht der Besitzer, dieselbe vindiziren. — (5. A.) In einem auderen ähnlichen Falle sagt das Obertr.:
Wenn der das Antheilsrecht der Miterben bestreitende Muerbe nicht ein eigenes , das prätendirte An-
theilsrecht ausschließendes Recht auf im Nachlasse des Erblassers befindliche Sachen geltend macht, so
läuft der Einwand, daß der Erblasser nicht Eigeuthlimer derselben gewesen sei, auf eine unzulässige
exceptio de jure tertii hinaus. Erk. vom 24. Juni 1864 (Arch. für Rechtsf. Bd. LIII, S. 318).
Auch diese Sentenz versehlt ihr Ziel. Es handelte sich auch in diesem Falle um einige einzelne Stücke,
welche nach der Erbeheilung im Besitßze des einen Miterben sich befanden und von anderen Miterben
mit der Theilungsklage verfolgt wurden. Der beklagte Besitzer bestrirt das Miteigenthum der Kläger
und daraus wird hier eine exceptio de jure tertil gemacht, um die negative Litiskontestation zu neu-
tralisiren. Diese vermeintliche excep#lo kommt hier gar nicht zur Existenz.
5) Die Errichtung von Lehen ist untersagt. Der in Bezug auf die vorhandenen Lehen noch be-
siehende Lehnsverband soll durch gesetzliche Anordnung aufgelöst werden. Diese Bestimmungen fiuden
auf Thronlehen und auf die außerhalb des Staates liegenden Lehen keine Anwendung. G. vom
5. Juni 1852 (G.S. S. 319).
6) Das Staategr.-G., Art. 40 und 41, enthielt die gleiche Bestimmung (Aum. 5) auch binsiche-
lich der Familien = Fideikommisse. Dies ist durch das G. vom 5. Juni 1852 (G.S. S. 319) wie-
der aufgehoben.