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landesherrlicher Einwirkung lag, kamen schon 1320 die Zünfte empor.
Es war ihnen sehr günstig, daß das Niederelsaß entschieden im
Machtkreis Kaiser Ludwigs des Baiern lag, und dieser den zünf-
tigen Bewegungen nicht abhold war.
Am gewaltigsten waren die Kämpfe jedoch in Straßburg, wo
so vieles zusammentraf, was den Gang der Begebenheiten verwickelte.
Zwar von der bischöflichen Gewalt hatte die Stadt nicht mehr zu
leiden. Nachdem das Geschlecht der Lichtenberge der Stadt zwei
Bischöfe gegeben, welche in enger Beziehung zu dem Hause Habsburg
standen, folgte 1306—1328 die Regierung Johannes von Dirp-
heim und dann die noech staatsklügere Bertholds v. Bucheck,
dessen Thätigkeit die danklarste Bewunderung in den Geschichts-
werken von Straßburg gefunden hat. Denn Bischof Berthold hat
in dem langen Zeitraum seiner Regierung, 1328—1353, während
Land und Stadt von blutigem Zwist erfüllt waren, auch nicht den
leisesten Versuch gemacht, seine landesherrliche Macht zu erweitern.
Wie er sich in den großen Fragen der Thronstreitigkeiten nach Kräften
neutral verhielt, so ließ er die Bürgerschaft auch gewähren in Betreff
ihrer Verfassung. Um sich gegen übermächtige Feinde zu schützen,
hat er mit den Bürgern von Straßburg Bündnisse geschlossen wie
von Macht zu Macht; nicht der leiseste Zweifel herrschte über die
jedem andren Reichsstand ebenbürtige Stellung von Straßburg. Ja,
es geschah, daß der Stadtrath den Bischof zum Vergleiche nöthigte,
als dessen langjähriger Streit mit den Herrn von Kirkel und an-
deren feindlichen Herren der Bürgerschaft selbst beschwerlich fiel. Eine
so entscheidende Rolle spielte Straßburg in den Verwicklungen des
elsässischen Herrenstandes, während im Oberelsaß die Städte die Ab-
sagebreife der Ritter zu fürchten hatten und oft ein kleiner Herr wie
Peter von Regisheim einer großen Stadt wie Mühlhausen gefährlich
werden konnte.
Im Jahre 1322 schien man in Straßburg die inneren Bürger-
zwiste durch ein neues Stadtrecht, welches die Bürgerschaft durchaus
selbständig vereinla#te, für lange Zeit beseitigen zu wollen. Eine