Full text: Geschichte des Elsasses von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart.

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daß das sogenannte Judenrecht im Evangelium verboten sei und dem 
Christenthum widerspreche. Die Herschaften und der Kaiser müßten 
die Juden abthun und diese außer Landes gebracht werden; gingen 
sie nicht gutwillig, so sei es billig, sie zu tödten. Bürgerliche und 
Rittersleute folgten dem König Armleder, der ein Wirth einer 
Bauernschenke war und viel von göttlichen Inspirationen sprach, die 
er empfangen habe. Bei der Ausführung der neuen Lehre ging er 
durchaus gleichmäßig zu Werke. Der zahlreiche Haufen zeg bewaffnet 
vor die Städte, mit vorangetragenem Kreuz erklärte König Arm- 
leder den Stadtbehörden, was seine Aufgabe, seine göttliche Mission 
sei; die Bürger sahen ruhig — nicht selten mit grausamem Behagen — 
den Scenen zu, die dann folgten, der Vertreibung, Plünderung und 
Tödtung der Juden in ihren abgesperrten Quartieren. 
Dem Unfug wurde natürlich durch die öffentlichen Gewalten 
endlich gesteuert, aber die Lehre des Königs Armleder war in den 
Städten nicht vergessen. Unter dem schrecklichen Gewicht der Wucher- 
schulden, welche die Bürgerschaft drückte, sing man an, laut und 
lauter den Stadträthen, den Landesherren, ja dem Kaiser zum Vor- 
wurf zu machen, daß sie die armen Leute gleichsam dieser Pest zur 
Beute ließen. In Straßburg war dieser Vorwurf nicht gänzlich 
unbegründet. Mußten doch die Juden ihr Wuchergeld nicht weni- 
ger als dreimal versteuern, einmal dem Stadtrath, einmal dem Bi- 
schof und einmal dem Kaiser, und nicht nach bestimmten Sätzen, 
sondern wie es den Schutzherren paßte; der Kaiser nahm von seinen 
Kammerknechten so viel er konnte. 
In dieser tiefsten Zerrüttung sozialer Verhältnisse war in 
Straßlurg das Zunftregiment, wie wir gesehen haben, eingeführt 
worden. Die Hoffnungen, welche man auf die Männer des Volks, 
die nun zur Regierung gekemmen waren, setzte, waren ohne Frage 
auch ganz materieller Art. Es findet sich nirgends ausgesprochen, aber 
mit Zuhilfenahme so trefflicher historischer Analogien, wie sie die 
alten Stadtgeschichten Griechenlands bieten, darf man es ungescheut 
behaupten: was die Zünfte hauptsächlich von ihrer neuen Regierung
	        
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