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zu Brennbichel entnommene Crucifix nebst einigen Blumenvasen gestellt. Kapu-
ziner aus dem Kloster von Imst verrichteten vor diesem Lager die stündlichen Ge-
bete, an denen sich auch oft die von allen Seiten herbeieilenden Tyroler, die den
Koönig sehr liebten, betheiligten. An der Stubenthüre hatten zwei Schützen aus
Inmst die Ehrenwache.
Am 11. August wurde in Gegenwart des k. k. Statthalters von Tyrol die
Obduction der Leiche weil. Sr. Majestät des hochseligen Königs Friedrich Au-
gust unternommen.
Die Aerzte erklärten, daß der Tod eine unmittelbare Folge der absolut tödt-
lichen Verletzung der Hiruschaale und der damit verbundenen hochgradigen Ge-
hirnerschütterung war, und wurde die Verletzung selbst nach Form und Größe
als von dem Hufschlag eines Pferdes herrührend erkannt.
Die entsetzliche Nachricht des Unglücksfalles wurde natürlich eben so wie
nach Dresden nach München an den König Max von Baiern, welcher sich so-
gleich in Begleitung des dortigen sächsischen Gesandten nach Possenhofen zur Kö-
nigin-Wittwe begab, welche Letztere wie man sagt, bei Anhdrung der Trauerkunde
vor Schreck und Entsetzen völlig unfähig wurde, einen Laut hervorzubringen,
ja so sehr war die hohe Frau von dem Gewicht des Schlages, der ihr Lebens-
glück traf betäubt, daß sie selbst keine Thräne als Ausbruch des ungeheuren
Schmerzes hatte, der gleich einer auf sie herabgestürzten Bergeslast ihr geistiges
und körperliches Wesen zerschmettert zu haben schien. Erst nach mehrern Stun-
den löste sich dieser Zustand der furchtbarsten Erschütterung ihres Herzens, der
vollkommensten Betäubung der geistigen und körperlichen Thätigkeit und sie brach
in Thränenströmen aus. Sogleich verließ ste Possenhofen und langte am 13.
August Abends 9 Uhr, in Begleitung der Prinzeß Helene von Baiern in Dres-
den an, wo sie sich sofort nach dem königlichen Weinberg begab, der so viele
glückliche Tage gesehen, die sie an der Seite ihres verewigten Gemahls verlebt,
im Genuß der reizenden Naturpracht, die vor diesem Asyle eines heitern Still-
lebens das paradiefische Elbthal ausbreitet. Se. Majestät der König Johann
ließ sie auf dem Bahnhofe in TLeipzig von seinem jüngern Sohne, dem Prinzen
Georg k. H., und am Dresdener Bahnhofe durch den Oberhosmarschall von
Gersdorf und dem Militair-Gouverneur, General = Major von Sichart
empfangen.
Von allen Orten Sachsens hallen die Kirchenglocken die Trauerklänge um
den theuern verewigten König, sie sagen Jedem, welch ein Leid Sachsen erfahren.
Das Trauerläuten im ganzen Lande von 12 bis 1 Uhr Mittags ist auf drei Wo-
chen festgesetzt undschließt mit einer in allen Kirchen abzuhaltenden Gedächtnißpre-
digt. Wie sich von selbst versteht, bleiben während dieser Zeit Musik und öffent-
liche Lustbarkeiten eingestellt.