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Außer der officiellen Trauer von 12 Wochen für alle Civil= und Militair-
behörden des ganzen Landes zeigt fich die Liebe zu dem theuren Entschlafenen
fast allerwärts in Trauerzeichen. Die meisten Damen tragen vorn an der Brust
eine schwarze Florschleife, die Herren eine desgleichen im Knopfloche. In Dres-
den z. B. machte es einen ganz eigenthümlichen Eindruck plötzlich die bunten
hellen Farben der Damerkleider gleichsam verschwunden zu sehen und dafür ganz
im Contraste gegen die Freuden des Sommers so viele schwarz gekleidete Frauen-
und Männergestalten in den Straßen zu erblicken.
Der Abend des 15. August's war für die Residenz ein Abend tiefen Schmer-
zes, denn die irdische Hülle des allgeliebten so plötzlich heimgegangenen Königs
langte mittelst Bahnzuges hier an. Zahllose Menschenmassen waren aus allen
Landestheilen zusammengeströmt, um bei dieser traurigen Rückkehr gegenwärtig
zu sein, Dem, den Alle liebten das letzte Liebeszeichen bei der Heimbringung sei-
ner Leiche zu zollen. Wir würden den uns gewährten Umfang dieser Erinner-
ungsblätter bedeutend überschreiten, wollten wir den Trauerzug vom Leipzig-
Dresdner Bahnhofe über die alte Brücke nach der katholischen Hofkirche aus-
führlich schildern, wir können nur sagen, daß er in allen Gemüthern den tief
ergreifendsten Eindruck hervorbrachte, einen Eindruck, der sicher von Niemand,
der zugegen gewesen, je vergessen wird.
Der ganze Zug, und er war von ungeheurer Länge, wurde von Fackeln
tragenden Unterofficieren der Armee eingeschlossen. Alle Cavaliere des Königl.
Hofstaates mit dem Officianten und Liorée-Personal, sämmtliche Herren vom
Civil und Militair der 5 Klassen der Hofrangordnung, welche in Uniform zu er-
scheinen haben, die ständischen und andere Deputationen, so wie die in der Hof-
rangordnung nicht mit inbegriffenen Staatsdiener und Corporationen nahmen da-
ran Theil. Se. Majestät der König und seine beiden Söhne, der Kronprinz
Albert und Prinz Georg begleiteten den Leichenwagen, dessen Bahrtuch auf
jeder Seite von 12 Kammerherrn gehalten wurde. Ein Bataillon bildete die
Ehrenwacht. Die dumpfen schneidenden Trauerklänge der Militairmusik mischten
sich mit dem Geläute aller Glocken der Stadt und doch hörte man das Schluch-
zen Vieler aus der zahllos versammelten Menge heraus. Die Rundtheile
der alten Brücke waren von Bürgern mit Wachsfackeln besetzt. So näherte sich
langsam und feierlich der Leichenzug dem Hauptportal der kathol. Hofkirche, aus
dem nun die katholische Geistlichkeit, an deren Spitze der neue Bischof Herr For-
werk stand, die Leiche des theuern Königs in Empfang nahm und unter ihrem
Vortritte in die Kirche begleitete, wo der Sarg auf die bereits bereitete Parade-
bahre in der heiligen Kreuzkapelle gesetzt wurde und die Einsegnung des Ver-
ewigten erfolgte.
Nach dieser Ceremonie war für diesen Abend die traurige Feierlichkeit be-
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