Der „gigantische Plan“ des Großfürsten 93
Westpreußen einzufallen. Die preußischen Landstriche östlich der Weichsel
sollten erobert, die dort befindlichen deutschen Truppen vernichtet werden.
In der Tat machte sich im Januar ein Verstärken des Feindes gegenüber
dem linken Flügel der 8. Armee fühlbar. Das Vordrücken der Russen östlich
der Weichsel gegen die Linie Wlozlawek—Mlawa im Dezember 1914 hat
vielleicht schon dieser Absicht gedient. Die Nachwehen der einen Operation
waren hier wie in den Karpathen die Einleitung einer neuen. Die
Ausführung des „gigantischen Planes“ war erst im Entstehen. Die
Augen des Russen waren aber bereits auf das Land östlich der Weichsel
gerichtet. Er hatte schon Anfang Januar Truppen aus der Front westlich
der Weichsel für Verwendung im Norden herausgezogen. Kamen
wir mit unseren Absichten den seinigen zuvor, dann mußten wir mit starken
Gegenangriffen sowohl über den Rjemen wie über den Narew rechnen.
Die Gegenangriffe kamen. Die Wucht und die Beharrlichkeit, mit denen
sie geführt wurden, haben uns schwer zu schaffen gemacht. Der Groffürst
war ein ganzer Soldat und Feldherr.
Den Schutz der Schlachtenhandlung gegen Kowno, Olita einerseits,
Ossowjetz, Lomsha andererseits sollten im wesentlichen die Teile der
8. Armee übernehmen, die durch Verschmälerung der Front frei würden.
Sie ergab sich aus der umfassenden Bewegung der beiden Flügel in der
allgemeinen Richtung Grodno.
Zur Verstärkung der Südfront kam bereits Anfang Februar während
des Aufmarsches der vier Korps von der 9. Armee her das XX. A. K. in
die Gegend südöstlich Ortelsburg. Es war bereit, auch auf Lomsha und
Myschinjetz vorgezogen zu werden. Später folgten das I. R. K. und die
6. Kav. Div. nach Willenberg, die 3. Inf. Div. nach Neidenburg und die
1. Garde-Res. Div. der Armeeabteilung Woyrsch in die Gegend von Sol-
dau. Der Aufmarsch dieser Teile konnte etwa bis zum 20. Februar be-
endet sein. Sie waren absichtlich spät gefahren. Wir befürchteten, daß so
umfassende Bewegungen aus dem besetzten Polen heraus nicht geheim
bleiben und den Schlag in Ostpreußen verraten könnten. Ich legte auf die
Geheimhaltung zur Sicherstellung des Erfolges entscheidenden Wert.
Später sind noch mehr Divisionen aus der Front westlich der Weichsel ge-
zogen worden. Dies wurde möglich, als sich auch der Feind dort schwächte.
Das Verschieben der Kräfte bildete ein vollständiges Wechselspiel, das viel
Aufmerksamkeit erforderte.
Jetzt mußte man allerdings nachträglich die Frage aufwerfen: war es
richtig gewesen, deutsche Truppen in die Karpathen zu schicken? Zweifel-
los haben sie bei dem Winterfeldzug östlich der Weichsel gefehlt. Eigent-
lich gehörten sie dorthin, so wie die k. u. k. Armee aber nun einmal war, in
die Karpathen. Sie gebrauchte die Stütze. Mir wäre es indes erheblich