Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die Schlacht 97 
  
Die Truppen des Generals Litzmann kamen am 7. gut vorwärts. Sie 
gelangten bis an Johannisburg heran und überschritten weiter südlich die 
Pissa. Am 8. nahmen sie Johannisburg und drangen in den folgenden 
Tagen unter Sicherung gegen Ossowjetz auf Raigrod vor, wo sie starken 
Widerstand fanden. Von Ossowjetz her traf sie ein feindlicher Vorstoß, den 
sie abschüttelten. Gleichzeitig näherte sich die Mitte der 8. Armee, dem auf 
der ganzen Front weichenden Feind dicht folgend, Lyck. 
Führer und Truppen gaben ihr Bestes her, um schnell vorwärtszu- 
kommen. Für die große strategische Kombination ging es zu langsam. 
Lyck, vom III. sibirischen Korps hervorragend verteidigt, fiel erst am 14. 
früh. Das Korps entkam der Vernichtung und wich über Augustow hinter 
das Sumpfgelände des oberen Bobr zurück. 
Nach dem Fall von Lyck ging es schnell vorwärts; schon in der Nacht 
vom 16./17. war General Litzmann nach erneutem heftigen Kampf in 
Augustow. Ich hatte mich in diesen Tagen bemüht, den rechten Flügel der 
8. Armee von Raigrod scharf nach Osten über Taino südlich Augustow auf 
Schtabin—Krasnybor gegen den Bobr zu schieben, um dem III. sibirischen 
Armeekorps immer wieder in die Flanke zu kommen. Die Wege- 
verhältnisse haben der 8. Armee dies nicht als ausführbar erscheinen lassen. 
Zum Schutz der Armeen gegen OÖssowjetz—Lomsha wurden sehr früh- 
zeitig, noch während die Kolonnen auf Augustow eilten, die 3. Res. Div., die 
5. Inf. Brig. und 11. Ldw. Div. nach und nach aus dem Angriff herausge- 
zogen und dorthin vorgeschoben. Ossowietz sollte gesperrt und angegriffen 
werden. Die Ansammlung starker Kräfte bei Lomsha war zur Gewiß- 
heit geworden. Die dorthin entsandten Teile des XX. A. K. genügten 
nicht mehr. 
Inzwischen war die umfassende Wirkung der 10. Armee zur vollen 
Auswirkung gekommen. Nach außerordentlichen Marschleistungen und 
Überwindung unsäglicher Anstrengungen erreichte ihre Mitte schon in der 
Nacht vom 10. zum 11. in der Stoßrichtung Tilsit—Kalwarija die Straße 
Insterburg—Kowno bei Wirballen, und als Lyck am 14. fiel, waren die 
Marschkolonnen schon hart nördlich des großen Augustower Forstes bei 
Suwalki—Seiny eingetroffen. 
Die zurückflutende russische Armee wurde entscheidend in der Flanke 
gefaßt und nach Süden abgedrängt. Sie war anscheinend auch diesmal 
überrascht, genau wie zu Beginn des Vormarsches aus Oberschlesien und 
von Hohensalza her. Unser Nachrichtenwesen hatte hier in Verbreitung 
falscher Gerüchte und in der Abwehr sehr gut gearbeitet. Den Russen und 
der Entente war es nicht gelungen, Kenntnis von diesen Bewegungen zu 
erhalten. Es ist auch überaus schwer, genaue Angaben über den Feind, 
zumal rechtzeitig, zu bekommen, andernfalls wäre das Kriegführen mit 
Kriegserinnerungen 1914—18. 7
	        
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