Das Ergebnis der Schlacht 99
die 2. Inf. Div. und die 4. Kav. Div. den Fluß überschreiten. Sie waren
aber vorher teilweise in jene gewaltigen Waldkämpfe verwickelt worden,
die dem Untergang der 10. russischen Armee voraufgingen. In sich steigern—
der Erwartung hatte ich deren Ende entgegengesehen. Der Teil der
8. Armee, der hier Verwendung fand — die Gruppe Litzmann —, trat zur
10. Armee. Die 8. Armee behielt die Aufgabe, jenen Angriff auf Ossowjetz
von Grajewo her durchzuführen und den Schutz Ostpreußens gegen die
russischen Angriffe von hier bis zum Orshitz zu übernehmen.
Der Übergang über das Sumpfgebiet des oberen Bobr gelang nicht,
trotz hartnäckiger Versuche unserer Truppen. Wir brauchten Frost, aber
starker Regen ging noch immer nieder. Der Aufenthalt in dem Wald= und
Sumpfgebiet war schwer erträglich. Der obere Bobr konnte außerhalb der
bestehenden Wegeverbindungen nicht überschritten werden. Die Brücken
waren zerstört. Das bei Lyck entkommene III. sibirische Armeekorps leistete
tapfere Gegenwehr, und der verzweifelte Widerstand der Russen im Augu-
stower Walde hatte ihnen Zeit gegeben, die Verteidigungen des Abschnittes
Grodno—Ossowjetz zu verstärken. Unsere Truppen wurden durch die Un-
gunst der Witterung und die Anstrengung der Operation stark mitgenom-
men. Sie meldeten, der Russe stände südlich des Kanals in betonierten
Stellungen. Das erschien wohl möglich, wenn wir auch recht stkeptisch
waren. Später, im Jahre 1916, hat sich Oberstleutnant Hoffmann die
russische Stellung angesehen; er sah keine Betonbauten. Je müder die an-
greifende Truppe, desto stärker erscheint ihr die anzugreifende Stellung, sie
sieht beim Feinde Stärken, die nicht da sind. Dieser Vorgang ist menschlich.
Auf die Entschließungen übte er keinen Einfluß aus. Die Kraft der jungen
Truppe war erschöpft. Das bedingte neue Maßnahmen.
Auch der Angriff auf Ossowjetz hatte inzwischen keine Fortschritte ge-
macht. Frontal war es auch trotz unserer gewaltigen Artillerie nicht zu
nehmen, da die beherrschenden Höhen des südlichen Bobrufers von ihr
überhaupt nicht erreicht wurden.
Ich durfte mich unter diesen Umständen dem Gedanken nicht ver-
schließen, daß dem großen Siege die strategische Auswertung versagt blieb.
Sehr schwere Erwägungen traten an das Oberkommando heran.
Zunächst wurde die Einstellung des Angriffs am Bobr und auf Osso-
wjetz befohlen.
Die 10. Armee konnte in der Aufstellung, in der sie sich befand, nicht
bleiben. Sehr starke Kräfte für den Flankenschutz nach Osten, gegen
Olita—Kowno, waren nötig, sie standen aber nicht zur Verfügung. Die
rückwärtigen Verbindungen und die Lebensbedingungen der Armee hatten
sich bei den Unbilden der Witterung zu schwierig gestaltet. Sie konnten
nicht lange ertragen werden. Die von den Russen gebaute vollspurige
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