Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

104 Die Winterschlacht in Masuren Februar / März 1915 
  
gegen unsere nur schwach besetzte Flanke und zugleich ein Teil des Kriegs- 
plans der Entente für das Jahr 1915 waren vereitelt; die Truppen und 
jeder einzelne Mann hatten sich der früheren Großtaten würdig geschlagen, 
die alten und neuen Formationen im Kampf miteinander gewetteifert. 
In den alten Formationen lag mehr nachhaltige Kraft. Landwehr und 
Landsturm hatten Vollwertiges geleistet. Die Führung war auf der Höhe 
ihrer Aufgaben, der vergangene Winterfeldzug eine stolze militärische 
Leistung. 
VI. 
Fernab von den großen Entscheidungen spielten sich seit Mitte 
Februar auch nördlich des Pregel Kämpfe ab. Sie wurden beiderseits 
nur mit Landsturm= und Landwehrtruppen geführt und waren ohne stra- 
tegische Bedeutung, aber sie beschäftigten uns doch und erheischten viel 
Aufmerksamkeit. 
Anfang Februar stand der Russe noch auf preußischem Gebiet nord- 
östlich Tilsit, und der Wunsch war gerechtfertigt, auch dieses Stückchen 
deutscher Erde der feindlichen Gewalt zu entreißen. Der Gouverneur von 
Königsberg, General v. Pappritz, mit dem zur Stelle befindlichen Land- 
sturm, verstärkt durch etwas Artillerie, erhielt diese Aufgabe. Tauroggen 
wurde am 18. Februar besetzt. 
An den Namen Tauroggen knüpfen sich weltgeschichtliche Erinne- 
rungen, und es ist ein Unglück für die beiden sich jetzt bekämpfenden 
Staaten gewesen, daß sie jenen Weg verlassen haben, an dessen Rande als 
ein Wahrzeichen deutscher und russischer Freundschaft Tauroggen stand. 
Die Ruhe, die darauf wieder in dem Gebiete nördlich des Pregel ein- 
trat, wurde am 17. März unsanft durch den Einfall russischer Reserve-, 
Reichswehr= und Grenzwachformationen bei Memel und Tauroggen unter- 
brochen. Er traf uns überraschend, während wir überall noch voll be- 
schäftigt waren. 
Wohl waren Gerüchte gekommen, daß feindliche Kräfte sich auf russi- 
schem Gebiet, Memel gegenüber, sammelten. Doch Gerüchte waren schon 
oft entstanden. Bisher hatten sie sich nicht bewahrheitet. Es fehlte auch 
jetzt jede innere Wahrscheinlichkeit für russische Unternehmungen in jener 
Gegend. 
Russische Haufen drangen auf Memel vor, das der Landsturm aufgab. 
Wir erfuhren davon durch ein Telefonfräulein, das uns anrief und noch 
Meldungen erstattete, als die Russen bereits im Postamt waren. 
Ich habe mich bemüht, dem jungen Mädchen, Fräulein Erica Röstel, 
das Eiserne Kreuz II. Klasse zu verschaffen. Es war nicht möglich. Sie 
erhielt später eine goldene Uhr vom Staate.
	        
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