Der Durchbruch in Galizien 113
Die russischen Armeen zwischen den Karpathen und der Pilitza hatten
somit ihre Stellung aufgeben müssen und dabei viel verloren. Die Ver-
bündeten konnten im wesentlichen aber nur frontal folgen, so sehr sie sich
auch bemühten, zu örtlichen Flankierungen zu kommen und namentlich die
russische Karpathen-Armee in ihrer westlichen Flanke zu fassen. Ein Um-
klammerungsversuch auf dem rechten Flügel der k. u. k. Armee in der Buko-
wina scheiterte. Es fehlte ihm an Kraft. Er endete hier schließlich in
einem Zurückgehen vor feindlichem Druck.
Die ungünstigen rückwärtigen Verbindungen geboten dem Vormarsch
am San zunächst einen Halt. Die Schwierigkeiten waren Anfang Juni
behoben. Der Angriff wurde nunmehr fortgesetzt. Immer lasteten die
Hauptkampfaufgaben auf deutschen Truppen. Am 22. Juni wurde Lem-
berg wiedererobert, bald darauf Rawa Ruska erstürmt und der Russe
zum weiteren Rückzug gegen den Bug gezwungen. Er ging nunmehr auch
weichselabwärts weiter in Richtung Lublin—Iwangorod zurück.
Wir hatten in Lötzen naturgemäß in höchster Spannung den Ereig-
nissen in Galizien zugesehen und uns dauernd ein Bild gemacht,
wie wir die Operationen gegen Rußland weiterhin tatkräftig unterstützen
könnten. Unsere Kräfte waren zunächst verausgabt. Der Russe schwächte
sich indes vor unserer Front, insbesondere vor der 9. Armee. Auch von
der Südgrenze West= und Ostpreußens zog er Truppen für Galizien ab.
Aus der Front vor der 10. Armee hatte er bei unserem Einfall in Litauen
Truppen dorthin geschoben. Er war also vor uns überall dünner ge-
worden. Auch wir hatten bereits viel herausgezogen und nach und nach
für die Operationen im Südosten abgegeben. Allmählich konnten wir noch
weitergehen. Bei der ungeheuer langen Front war das Herausnehmen der
Truppen jedoch schließlich begren zt. Die Stellungen mußten zum mindesten.
so besetzt werden, daß die Ablösung des einzelnen Mannes ermöglicht blieb.
Erst als uns die Oberste Heeresleitung im Juni einige neugebildete Land-
sturm-Regimenter zuwies, konnten wir daran denken, Divisionen für eigene
Angriffshandlungen bereitzustellen.
Das frontale Zurückdrängen der Russen in Galizien, so empfindlich es
für sie war, brachte keine Kriegsentscheidung. Sie wichen kämpfend
so weit aus, als wir in Rücksicht auf unsere Verbindungen vordringen
konnten. Sie schlugen sich noch nicht auf ihrem eigenen Grund und
Boden und konnten bis dahin noch weite Strecken aufgeben. Es kam
hinzu, daß bei diesen frontalen Kämpfen unsere Verluste nicht unerheblich
waren. Es mußte geprüft werden, ob nicht andere Operationen bessere
Aussichten böten. Wir konnten vielleicht 9 bis 10 Divisionen bei der Armee-
abteilung Gallwitz, die mittlerweile zur 12. Armee ausgestaltet war, zum
Stoß gegen den unteren Narew vereinigen, aber wir versprachen uns davon
Kriegserinnerungen 1914—18. 8