Der Angriff der Rjemen-Armee 127
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Oberbefehlshaber der 8. Armee vor, obschon er im Dienstalter zu den
jüngsten Kommandierenden Generalen gehörte. General v. Below hat
das von seinem Obersten Kriegsherrn in ihn gesetzte Vertrauen voll ge-
rechtfertigt. Sein Chef, General v. Böckmann, war lange im Generalstab
gewesen, er hatte im Kriege sich als Truppenführer bewährt und das Zeug
zu einem guten Armeechef. Beide Männer arbeiteten in voller Harmonie
zusammen. Wir durften im Hauptquartier in Lötzen überzeugt sein, daß
aus den Operationen nördlich des Njemen das herausgeholt würde, was
mit den dorthin geführten Kräften erzielt werden konnte.
Die rückwärtigen Verbindungen der Njemen-Armee waren schwierig.
Die Vollbahnen hörten bei Laugzargen, nordöstlich Tilsit und bei Memel,
auf. Der zwar schiffbare Rjemen kam als Nachschubstraße nur für den
rechten Armeeflügel in Betracht, war aber so wenig reguliert, daß auf seine
Ausnutzung kein Verlaß war. Der Versuch, Truppen auf Njemenkähnen
seinerzeit zu einer dringend notwendig gewordenen Verstärkung des rechten
Flügels den Strom hinaufzuschleppen, endete mit einem Mißerfolg. Die
Schleppzüge liefen auf russischem Gebiet auf Sandbänke.
Libau konnte als Versorgungshafen nur mit großer Vorsicht benutzt
werden. Die russische Flotte und englische Unterseeboote beherrschten da-
mals noch den östlichen Teil der Ostsee. Immerhin hatten wir mit vor-
gefundenem Material auf der von Libau nach Osten führenden Eisenbahn
einen schwachen Betrieb eingerichtet. Schon früh hatten wir den Bau
einer Feldbahn Laugzargen—Tauroggen—Kjelmy begonnen; bei dem
Mangel an Arbeitskräften schritt er aber nur langsam vorwärts. Als die
Gedanken zu einer großen Operation sich verdichteten, mußte an einen um-
fassenderen Ausbau des Eisenbahnnetzes gedacht werden. Die kürzeste
Verbindung der russischen Eisenbahnen führte von Memel nach Prekuln
östlich Libau. Der Bau dieser Strecke wurde begonnen, aber später wieder
zurückgestellt, als der Oberbefehlshaber Ost Eisenbahnarbeitskräfte für den
Bau der Eisenbahn Willenberg—OÖstrolenka abgeben mußte. Anfang Juli
wurde die Bahn nach Prekuln fertig. Sie war von unendlichem Wert, ob-
schon ihr Betrieb noch viel zu wünschen übrig ließ. Die Bahn Libau—Mo-
scheiki wurde nun umgenagelt. Später kamen wir auch über Koschedary
östlich Kowno an das litauische Eisenbahnnetz heran. Endlich begannen
wir den Bau der Vollbahn Tauroggen—MRadsiwilischki (südöstlich Schau-
len). Die hölzerne Dubissabrücke dieser Bahn sollte ein Kunstwerk werden.
Um Mitte Juli war die Gruppierung bei der Njemen-Armee nach Ein-
treffen der schon im Juni gesandten Verstärkungen beendet. Das Ober-
kommando empfand es schwer, daß es wegen des Angriffs gegen den
Narew nicht alle Truppen erhielt, auf die es gehofft hatte. Trotzdem hielt
es an dem Grundgedanken der Operation fest. Die Dubissa bis Kjelmy