Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

8 Mein Denken und Handeln 
  
  
ich wäre für die Handhabung des Versammlungsrechtes durch die stell- 
vertretenden Kommandierenden Generale verantwortlich gewesen. Dies 
lag ganz außerhalb meiner Kompetenz. 
Vielleicht ist folgendes noch charakteristisch. Im Winter 1916/17 
wurde die Verkehrs= und Kohlennot mir zur Last gelegt. Der Fehler 
lag zum größten Teil daran, daß vor meinem Eintritt in die Oberste 
Heeresleitung zu wenig vorgesorgt war. Im Februar 1917 drang 
ich auf die Einsetzung eines Kohlenkommissars. Leider wurde nicht gleich die 
richtige Persönlichkeit gefunden. Erst später erfolgte eine andere Auswahl. 
Im Sommer 1917 wurden von der Obersten Heeresleitung 50 000 Berg- 
leute aus dem Frontdienst entlassen. Als der Hausbrand im Winter 1917/18 
zureichender als im vergangenen Winter war, wurde diese Besserung der 
Obersten Heeresleitung, die dafür Entscheidendes getan, jedenfalls mehr 
Anteil daran hatte als an der schlechten Lage im Winter 1916/17, auch 
nicht im geringsten gedankt oder auch nur angerechnet. Das paßte nicht in 
den Gedankengang der gegen mich Stimmung machenden oder trotz besseren 
Wissens Stimmungsmache duldenden Männer. 
Bei der ungeheuren Verantwortung, die auf mir ruhte, wünschte ich 
die Beendigung der Feindseligkeiten; das war gar nicht anders möglich. 
Oft sprach ich mich in diesem Sinne aus. Es mußte aber ein Frieden er- 
reicht werden, der dem Vaterlande die Lebenomöglichkeit sicherte, sonst 
war der Krieg verloren. Ich sah die Friedensmöglichkeit nur dann für 
vorliegend an, wenn auch der Feind friedensbereit war. Ein einseitiges 
Betonen unserer Friedensbereitschaft schien mir gefahrvoll. 
Ich war mir bewußt, daß man Frieden noch lange nicht bekommt, wenn 
man von ihm spricht und ihn mit heißem Herzen ersehnt. Der pazifistische 
Gedanke eines Versöhnungsfriedens war von vielen ein Werkzeug wider 
uns; viele meinten es ehrlich: Dies zeugte von hohem Idealismus, der 
seine Verwirklichung in dieser Welt des Kampfes bisher noch nicht ge- 
funden hat. Wußten aber die Betreffenden, ob auch der Feind so dachte, 
und, wenn dies nicht der Fall war, waren sie sich klar darüber, daß sie mit 
der Verbreitung des Gedankens, wir könnten jeden Augenblick einen solchen 
Frieden haben, unsägliches Unglück heraufbeschworen, indem sie so, wie die 
Menschen nun einmal sind, den Kriegswillen, der gar nicht genug zu heben 
war, entscheidend schwächten? Sie haben unser Volk friedenssehnsüchtig 
gemacht, nicht den Feind friedenswillig. Sie erschwerten dadurch den 
Frieden, da die Entente die Zustände bei uns übersah und ausnutzte; sie 
erschwerten dadurch auch das Streben der Obersten Heeresleitung, den 
Feind mit den Mitteln dem Frieden geneigt zu machen, die im Kriege 
allein zum Ziele führen. Sie sind trotz allen Idealismus am Unglück des 
Vaterlandes schuldig!
	        
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