Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Der Aufbau der Verwaltung 153 
  
durch die geringe Einwohnerzahl des Landes — der Kreis Bauske 
zählte z. B. nur 4 Einwohner auf einen Quadratkilometer — erschwert. 
In dem Wunsche, der Heimat zu helfen, und auf ihr Drängen hin muteten 
wir uns in bezug auf das zu bestellende Areal zuviel zu. Wir zogen auch 
deutsche Gesellschaften heran, die in dem dünnbevölkerten Lande mit ihren 
Mitteln die Bestellung fördern sollten. Wir nahmen große Güter in 
eigene Bewirtschaftung, Motorpflüge und landwirtschaftliche Maschinen 
aller Art wurden geliefert, Saatgetreide wurde verausgabt. Truppen- 
pferde halfen bei der Bestellung aus. Die Hauptsache aber war, durch rich- 
tige Preisbildung neben der Barzahlung auf die ländliche Bevölkerung 
anregend zu wirken. 
Die Preise, die wir bewilligten, blieben unter denen im Generalgou- 
vernement Warschau, waren aber durchaus genügend. Wir trugen den un- 
geheuren Ausgaben unserer Staatskasse Rechnung. Die Regierung des 
Prinzen Max erhöhte die Preise sofort; die Gründe hierfür übersehe ich 
nicht. Dank hat Reichskanzler Prinz Max hierfür jedenfalls nicht 
geerntet. 
Die Erträgnisse des Bodens waren im allgemeinen gering und ent- 
täuschten unsere Hoffnungen. Er ist nicht drainiert, die Bestellung 
kann erst spät beginnen. Die Sortenauswahl wurde nicht mit Sorgfalt 
durchgeführt. Künstliche Düngung kannte man nicht. Günstig waren nur 
die Ergebnisse der Klee= und Gras-Heuernte sowie der Raps= und Flachs- 
gewinnung. 
Der Antransport der Vorräte zur Bahn oder anderen Sammelstellen 
machte besondere Schwierigkeiten. Auf schlechten Wegen mit kleinen ein- 
und zweispännigen Wagen mußten die ländlichen Produkte oft tagelang 
zur Abgabe dorthin gefahren werden. Wir zahlten Anfuhrprämien, aber 
die Eigentümlichkeiten jenes Kriegsschauplatzes könnten nur gemildert, 
nicht ausgeschaltet werden. Vieles kam nicht zur Abgabe. 
Die Einrichtung von Kartoffeltrockenanstalten wurde sofort vorbereitet 
und auch das Stroh-= und Holzaufschließungs-Verfahren verfolgt. 
Bei der starken Inanspruchnahme des heimischen Viehstapels war 
die Ausnützung der Bestände des besetzten Gebietes besonders wichtig. 
Natürlich hatten sie durch den Krieg stark gelitten. Es mußten Zählungen 
abgehalten werden. Die Arbeit war schwer. Die Rinder wurden in 
Kellern versteckt oder in die Waldungen getrieben, aber die Bestandsauf- 
nahme gelang doch nach und nach, trotzdem jeder Kataster fehlte. So 
konnten wir allmählich in eine regelrechte Bewirtschaftung eintreten. 
Dem Gemüse= und Obstbau wurde große Beachtung geschenkt; es ent- 
standen Fabriken für Marmelade= und Konservenbereitung. Pilze wurden 
in großen Mengen gesammelt und getrocknet.
	        
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