Landwirtschaft und Ernährungsfragen 155
Bodenkultur Deutschlands mußte außerdem jede Beeinträchtigung der Be—
stellung in der Heimat auf die Produktion viel schädlicher wirken als ver—
ringerter Anbau im Gebiet des Oberbefehlshabers Ost.
Das Aufbringen der Rohstoffe war eine besonders wichtige Aufgabe.
Auch hier fand Barzahlung statt. Der Jude als Zwischenhändler war dabei
unentbehrlich. Wir führten viele Häute und Felle, Kupfer und Messing,
Lumpen und Schrott (Alteisen) der heimischen Kriegswirtschaft zu und
entlasteten sie auch durch Inbetriebnahme von Fabriken in Libau, Kowno
und Bjalystok. Allmählich entstand die schließlich sehr umfangreiche
Handelsabteilung, deren Leitung dem außerordentlich tüchtigen, klar
blickenden Geh. Rat Mojor Eilsberger, später Ministerialdirektor im
Reichsschatzamt, übertragen wurde.
Großer Wert wurde auf die Anfertigung von Stacheldraht gelegt.
Hauptmann Markau, im Frieden bei der Allgemeinen Elektrizitäts-Gesell-
schaft, im Kriege beim Feldtelegraphenchef Ost, hatte die Leitung dieser
und anderer Fabriken tatkräftig in seine Hand genommen. So wurden
alle Kräfte, jede nach ihrer Eigenart, ausgenutzt.
Von den Militär-Eisenbahnbehörden war unter anderem in Libau
eine große Eisenbahnbetriebswerkstatt errichtet.
Bei dem Aufbringen der Rohstoffe begann sich auch der Handel in ge-
ringem Umfange zu heben. Die Personenverkehrsbeschränkungen, die wir
in Rücksicht auf die militärische Sicherheit dem Lande auferlegen mußten,
verhinderten eine freiere Entfaltung.
Die reichen Waldbestände regten besonders zur Ausnutzung an, jeder
Raubbau aber war untersagt. Der Holzverbrauch für den Stellungsbau und
für Eisenbahnschwellen war ganz außerordentlich groß. Ein Sägewerk
nach dem anderen entstand, und während sich unsere Armeen allmählich
selbst versorgten, konnten wir Holz nach dem Westen und nach Serbien
liefern. Nutzholz ging nach Deutschland selbst, auch wurde Holz an die
Bevölkerung zum Wiederaufbau der Wohnungen gegeben.
Der Feldflugchef schuf bei Alt-Autz in Kurland eine besonders gut ein-
gerichtete Werkstatt für Hallen und Baracken.
Schwellen wurden in erheblichem Umfange gewonnen.
Das Bereithalten des nötigen Brennholzes zu Heizzwecken war eine
umfassende Arbeit und für den Winter 1915/16 mit besonderen Schwierig-
keiten verbunden, da uns allen jeder Maßstab für die nötigen Mengen fehlte.
Zelluloseholz für die Pulver= und Papierfabrikation wurde Deutsch-
land in recht beträchtlichen Beständen zugeführt. Wir gaben den Handel
mit diesem Holz in den besetzten Gebieten sehr bald frei. Die Heimat und
wir sind gut dabei gefahren. Ich freute mich, die Papierlieferung an die
Zeitungsverlage der Heimat erleichtern zu können.