Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Generalfeldmarschall v. Hindenburg 9 
  
Ich kenne bei der Haltung der Feinde keine Gelegenheit zu einem 
billigen und gerechten Verständigungsfrieden. Alles, was darüber münd- 
lich oder in der Presse verbreitet wird, ist unrichtig. Die Regierung hat 
der Obersten Heeresleitung nie eine solche Friedensmöglichkeit gezeigt. 
Wir bätten gewiß jeden Augenblick einen Frieden haben können, so 
wie wir ihn jetzt schließen müssen. Welcher Reichskanzler, welcher Staats- 
mann, welcher deutsch denkende Mann hätte ihn gewollt? Einen anderen 
Frieden gab es aber nicht, das konnten alle genau wissen, und darum mußten 
wir auf Sieg kämpfen, nachdem nun einmal der Krieg begonnen hatte. 
Graf Czernin dachte schließlich ähnlich wie ich, wenn er sich auch der 
Wahrheit verschloß. Er sagte in seiner Nede vom 11. Dezember 1918: 
„Immer war die Situation nur die, daß wir in einem denkbar gün- 
stigen militärischen Momente einen Frieden hätten vorschlagen könmen, 
welcher, mit bedeutenden Opfern verbunden, vielleicht die Hoffnung gehabt 
hätte, von den Feinden angenommen zu werden. Die deutschen Militärs 
aber wurden, je glänzender ihre Erfolge waren, desto anspruchsvoller, und 
weniger denn je war es möglich, sie nach großen Siegen zu einer solchen 
Verzichtpolitik zu bewegen. 
Ich glaube übrigens, daß es einen einzigen Moment in der Geschichte 
dieses Krieges gegeben hat, in dem eine solche Demarche wirklich sehr hoff- 
nungsvoll schien, das war nach der berühmten Schlacht von Gorlice."“ 
Die Schlacht von Gorlice war im Mai 1915. Später lag also — nach 
Graf Czernins Ansicht — nicht einmal mehr die Möglichkeit eines Friedens 
selbst unter bedeutenden Opfern vor. Und hätte sie wirklich im Mai 1915 
oder später bestanden: nicht nur die deutschen Militärs, sondern fast das. 
ganze deutsche Volk würde einen solchen Frieden abgelehnt haben, solange 
es noch im stolzen Selbstvertrauen Kraft zum Kampf fühlte! Dieses Selbst- 
vertrauen und diese Kraft mußten die Staatsmänner stählen, um das 
Vaterland zum Siege zu befähigen und vor einer Niederlage mit ihrem 
unermeßlichen Unheil zu bewahren. Ein Mittelding gab es eben nach dem 
Willen unserer Feinde nicht. Unser Wille spielte demgegenüber gar keine 
Rolle. Noch war der des Feindes nicht gebrochen. War dies durch den 
militärischen Sieg endgültig geschehen, dann konnten die Diplomaten von 
Versöhnung sprechen — wenn sie es dann noch wollten. 
IV. 
Vier Jahre haben wir in tiefster Harmonie wie ein Mann zusammen- 
gearbeitet, der Generalfeldmarschall und ich. Ich sah es mit tiefinnerer 
Genugtuung, daß er die Idealgestalt dieses Krieges für das deutsche Volk, 
die Verkörperung des Sieges für jeden Deutschen wurde.
	        
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