162 Das Hauptquartier des Oberbefehlshabers Ost in Kowno Oktober 1915 bis Juli 1916
drohte unsere rückwärtigen Verbindungen ungemein, wie es der Herbst
1918 in aller Schärfe zeigen sollte. Gelang es auch nur, die Werke des
rechten Maasufers zu gewinnen, so wäre das ein voller Erfolg für uns
gewesen. Unsere strategische Lage an der Westfront sowie die taktischen
Daseinsbedingungen unserer Truppen im St. Mihielbogen würden sich er-
heblich gebessert haben. Der Angriff begann am 21. Februar und hatte
namentlich in den ersten Tagen dank der glänzenden Eigenschaften unserer
Truppen einen großen Erfolg; er wurde aber schmal geführt und lief sich
recht bald fest. Anfang März stand die Welt noch unter dem vollen Ein-
druck eines deutschen Sieges vor Verdun.
Der Angriff der k. u. k. Armee aus Tirol nach Oberitalien hinein
sollte erst Ende April Anfang Mai stattfinden. Wegen der schlechten
Eisenbahnlage in Tirol mußten die Vorbereitungen schon sehr früh beginnen.
Um den Stoß auf Verdun zu ermöglichen, mußte die deutsche Ost-
front schwere Artillerie an den Westen abgeben. Im übrigen hatte die
Oberste Heeresleitung die Divisionen aus Serbien wieder zurückgezogen.
Das k. u. k. Armee-Ober-Kommando hatte dagegen die Ostfront zugunsten
der italienischen Front erheblich geschwächt.
Beiden Angriffen sollte es gemeinsam werden, daß die ersten Erfolge
wegen Mangel an Kraft nicht weiter ausgebaut werden konnten. Bei Ver-
dun hätte vielleicht nicht allzuviel dazu gehört, um wenigstens einen ge-
wissen uns günstigen Abschluß zu erreichen, da der Angriff doch nur taktisch
beschränkt war.
Gegen Jtalien handelte es sich aber um eine große Operation, die von
vornherein nach ihrer Anlage für einen wirklichen Erfolg sehr erheblich
mehr Kräfte gebraucht hätte, als überhaupt vorhanden waren. Dieses Ge-
fühl wird auch zu der sehr starken Schwächung der Ostfront geführt haben,
die bei der bedeutenden russischen überlegenheit zweifellos gefährlich war,
wenn selbst ein entscheidender Erfolg in Italien errungen wurde. Es
scheint, daß die glückliche Abwehr des russischen Winterangriffs SÖsterreich-
Ungarn sicher gemacht hatte.
Ob die beiden Obersten Heeresleitungen in der Lage gewesen wären,
entweder andere Operationen oder einen gemeinsamen Angriff gegen Ita-
lien zu unternehmen, vermag ich nicht zu übersehen. Die Kriegsentscheidung
war an der italienischen Front jedenfalls nicht zu erreichen. Sie lag im
Westen, in Frankreich. Hier konnten wir stark genug nur auftreten, wenn
vorher der Russe niedergeworfen war. Meine Gedanken wandten sich
Rumänien zu. Es war das Zünglein an der Wage. Über seine Haltung
mußte Klarheit gewonnen werden. Hätte es sich, wenn auch nur auf Druck
hin, uns angeschlossen, so war die russische Armee in ihrer Flanke ent-
scheidend umgangen. Es war hier Großes zu erreichen. Wandte sich