Bei k. u. k. Kommandobehörden 181
in vorbildlicher Ruhe kraftvoll wehrte. Sie verausgabte ihre geringen
Reserven mit äußerster Umsicht und hatte immer noch etwas übrig, um den
äußersten linken Flügel des Generals v. Linsingen zu unterstützen.
Die Stimmung dieses Oberkommandos war naturgemäß sehr ernst,
aber entschlossen fest. Es herrschte volle Klarheit darüber, daß der Russe trotz
seiner ungeheuren Verluste die Angriffe bald und auf lange Zeit hinaus fort-
setzen würde. Er hatte genug Menschen, aber er brauchte sie zu schonungs-
los; mit solcher Taktik erzielte er gegen unsere dünnen Linien keinen Erfolg.
Das Oberkommando der Heeresgruppe hoffte Herr der Lage zu bleiben.
Ich sah in Kowel auch General v. Bernhardi, der die Front an und zwi-
schen den von Kowel nach Lutzk und Sarny führenden Bahnen befehligte —
ein leidenschaftlicher Soldat und durchglüht von der Liebe zum Vaterlande.
Am Abend waren wir in Wladimir-Wolynsk beim k. u. k. 4. Armee-
Kommando, das General v. Linsingen unterstand. Die Armee war ganz
von deutschen Truppen durchsetzt. Der Oberbefehlshaber, Generaloberst
v. Tertszczanski, ein nervöser Herr, war auf das „österreichische Prestige“
überaus bedacht und hat damit dem General v. Linsingen viele Schwierig-
keiten bereitet. Wir aßen bei ihm. Marschbataillone bildeten für den
Generalfeldmarschall von der Bahn bis zur Speiseanstalt Spalier. Die
Soldaten machten einen guten und frischen Eindruck.
General v. Tertszczanski sprach sich damals auffallend freimütig über
das Verhalten der k. u. k. Truppen während der letzten Kämpfe aus. Es
war kein erfreuliches Bild, das wir gewannen.
Am nächsten Morgen waren wir in Lemberg, dem Hauptquartier des
k. u. k. 2. Armee-Kommandos. Ich war überrascht von der Schönheit Lembergs
und dessen deutschem Aussehen. Es stand damit ganz im Gegensatz zu Krakau,
das durchaus den Charakter einer polnischen Stadt hat. Wir lernten in
General v. Boehm-Ermolli und seinem Chef, General Bardolf, klar sehende
und richtig urteilende Soldaten kennen, mit denen zusammenzuarbeiten
allen deutschen Dienststellen immer eine Freude war. Sie gaben sich
über die nur geringe Widerstandsfähigkeit ihrer Truppen keinerlei
Täuschung hin; die Armee war nach russischen Angriffen Ende Juli hinter
Brody und den oberen Sereth zurückgenommen worden. Beide Herren-
waren erfreut, als ihnen eine gemischte deutsche Abteilung für die nächsten
Tage zugesagt werden konnte. Sie rechneten mit Sicherheit auf die Fort-
setzung des feindlichen Angriffs. Wir verlebten im Kameradenkreise des
Armee-Oberkommandos noch einige Stunden und schieden mit dem
Gefühl, daß es selbst auf voller Höhe sei. An der Front aber war bei dem
bevorstehenden russischen Angriff trotz der starken Stellung mit einer
ernsten Krise zu rechnen, da es uns nicht möglich war, rechtzeitig Ver-
stärkungen dorthin zu bringen.