196 Der Entente-Ansturm im Herbst 1916
war auch die beste Parade eines etwaigen Angriffs auf Bulgarien aus der
Dobrudscha heraus. Ein Donauübergang konnte erst in Frage kommen,
wenn die Operationen gegen die rumänischen Armeen in Siebenbürgen
weiter vorschritten. Wie gefahrvoll er dennoch war, sollte sich aus den Er-
eignissen ergeben. General v. Conrad stimmte nur ungern den veränderten
Absichten, der Bulgare sehr freudig zu; ihm winkte die Dobrudscha. Enver
war natürlich einverstanden.
Generalfeldmarschall v. Mackensen erhielt die entsprechende Weisung.
Während an der nordrumänischen Front noch alles ungemein unsicher war
und gefahrvoll aussah, griffen wir in der Dobrudscha an.
III.
Die Hauptmasse der bulgarischen Armee stand in ihren Stellungen
an der griechischen Grenze. Sie war verstärkt durch deutsche Kommando-
behörden, etwa eine deutsche Division und andere deutsche Truppen,
namentlich Artillerie und Maschinengewehr-, Fernsprech= und Flieger-
Formationen. Bulgarien bekam außerdem von uns, in erheblich gerin-
gerem Umfange auch von Österreich-Ungarn, Geld und reichlich Kriegs-
gerät. Die bulgarischen Eisenbahnen waren wenig leistungsfähig. Wir
mußten entscheidend aushelfen, um die betrieblichen Verhältnisse zu bessern.
Die Entente hatte die neugebildete serbische Armee, aber auch eigene
Kräfte nach Saloniki geführt, war aber untätig geblieben. General Sarail
hatte den Oberbefehl übernommen und sein Amt damit begonnen,
Griechenland rücksichtslos zu vergewaltigen und griechisch-venizelistische
Truppen aufzustellen. In Albanien standen seit dem Frühjahr österreichisch-
ungarische Streitkräfte westlich des Ohrida-Sees, südlich Berat und an der
unteren Vojusa. Die Italiener hatten Valona besetzt und dehnten ihren
Brückenkopf nach dem Nord-Epirus hinein aus, den Griechenland sich ein-
verleibt hatte. Immerhin war die Ententefront zwischen dem Agälschen
und Adriatischen Meere noch nicht geschlossen. Eine recht unwegsame Ver-
bindung mit Griechenland über Koritza war vorhanden. Dies war be-
deutungslos. Griechenland war so fest in den Händen der Entente und in
allen Lebensfragen so auf sie angewiesen, daß ernstlich niemand daran
denken konnte, es zu uns herüberzuziehen.
Die bulgarische Armee und Bulgarien selbst waren gewillt, soweit
den Krieg zu führen, wie es dem nationalen Sonderstreben entsprach, die
Balkangroßmacht zu werden. Hierfür schlug sich die bulgarische Armee,
die allerdings noch nicht die Nachwirkungen der beiden Balkankriege über-
wunden hatte. Irgendeine kriegerische Leistung Bulgariens auf einem
anderen Kriegsschauplatze des Vierverbandes war nicht zu erwarten.