Die Kriegführung Bulgariens 197
— —
Als sich die Türkei 1914 Deutschland anschloß, hatte sich Bulgarien
seine Neutralität durch Abtrennung des türkischen Gebiets auf dem rechten
Maritzaufer und eines 10 km breiten Streifens auf dem linken Ufer von
Adrianopel bis zum Meere hin bezahlen lassen. Für seinen Eintritt in
den Krieg gegen Serbien hatte es Landgewinn auf Kosten Serbiens und,
falls auch Rumänien eingreifen würde, die sogenannte bulgarische Do—
brudscha beansprucht, die im Bukarester Frieden 1913 an Rumänien ab-
getreten war. Abmachungen im Herbst 1915 über deutsche und öster-
reichisch-ungarische Truppengestellung hatten sich nur auf den serbischen
Feldzug bezogen und waren jetzt gegenstandslos geworden. Das damals
eroberte Gebiet war von Österreich-Ungarn und Bulgarien in Verwaltung
genommen. Die Grenze ging etwa die Morava von ihrer Mündung auf-
wärts nach Pristina, Prizren und dann den Drin aufwärts.
Das deutsche A. O. K. 11 befehligte an der mazedonischen Front den
Abschnitt beiderseits des Vardar; hier stand die Mehrzahl der deutschen
Formationen, einzelne auch an anderen Teilen der Front. In Nisch war
die Etappeninspektion. Ein eigenes Etappengebiet hatten wir uns aus
dem serbischen Gebiet nicht zurückbehalten. Nur die dortigen Bahnen waren
in unserer Verwaltung. Politische Schwierigkeiten mochten dadurch ver-
mieden sein, die deutschen Truppen aber hatten diese Selbstbescheidung
sehr störend empfinden müssen. Sie fanden im Rahmen der bulgarischen
Armee nicht das Entgegenkommen, das sie fernab der Heimat wohl
hätten erwarten können und wozu sich Bulgarien in vielen Fragen auch
ausdrücklich verpflichtet hatte. Der deutsche Soldat schlug sich in höherer
Einsicht auch an der mazedonischen Grenze mit der gleichen Hingabe, wie
im Westen und Osten. Er wußte, daß er auch auf der Balkanhalbinsel seine
Heimat verteidigte. Das bulgarische Volk und die bulgarische Armee waren
für solch hohe Auffassung nicht reif. Sie hatten nicht einmal dafür Ver-
ständnis, wenn deutsche Truppen von der mazedonischen Front fortgezogen
wurden, um an anderer Stelle um die Entscheidung zu ringen.
Noch bevor sich das rumänische Ungewitter entlud, hatte sich die
bulgarische Oberste Heeresleitung entschlossen, in Richtung Saloniki an-
zugreifen. Der Angriff war militärisch richtig. An der Struma, mit der
Anlehnung ans Meer, stand der linke bulgarische Flügel erheblich sicherer
als in seiner jetzigen Stellung längs der Grenze. Die Inbesitznahme des
Geländes östlich der Struma erfolgte bis zum 27. August ohne wesentlichen
Kampf. Das dort stehende IV. griechische Armeekorps leistete keinen Wider-
stand und ließ die bulgarischen Truppen ruhig an sich vorbeiziehen. Es
blieb um Drama und Kavala. Die Oberste Heeresleitung gab sofort an den
deutschen Verbindungsoffizier die Weisung, sich der griechischen Truppen
anzunehmen. Sie stellten sich sehr bald zu unserer Verfügung und wurden