Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Die Kriegführung der Türkei 201 
  
Die Türkei erhielt außer Geld von uns Offiziere und technische For— 
mationen, sowie Kriegsgerät, dieses in dem Umfange, wie die zur Ver— 
fügung stehende, sehr beschränkte Anzahl von Zügen nach Konstantinopel 
zuließ. Die Divisionen Liman Paschas konnten hier ausgerüstet werden. 
Der Weitertransport des Kriegsgeräts für die Truppen in Poalästina 
und Mesopotamien oder der Kaukasusfront war so beschränkt, daß sie 
nur äußerst dürftig ausgestattet waren. Ihre geringe Zahl verlor dadurch 
noch mehr an Kraft. Die Leistungen der türkischen Bahnen versuchten wir 
durch Betriebsmittel und technisches Personal zu heben. 
Die Haltung der türkischen Regierung gegenüber den anderen Volks- 
stämmen blieb ablehnend. 
Die Türkei tat trotz meines Drängens nichts Ernstliches, um mit 
der bisherigen Araberpolitik zu brechen. Vielleicht war es auch schon 
zu spät. Das englische Gold tat sein übriges. Die Araber wandten sich 
immer schärfer gegen die Türken. Ein Wunder war es, daß die Türkei 
sich beinahe bis Ende des Krieges an der Hedschasbahn und in Medina hielt. 
Auch Enver kam bereits Anfang September nach Pleß. Er war groß 
veranlagt und machte einen ungewöhnlichen Eindruck. Er war Deutsch- 
lands treuer Freund. Warme Sympathie verband mich mit ihm. Für die 
Kriegführung hatte er soldatisches Verständnis. Aber die Grundlagen und 
das Handwerkszeug fehlten ihm; auch er war nicht geschult. Seine große 
militärische Begabung konnte sich nicht entfalten. Die Entsendung der 
türkischen Truppen nach Galizien und gegen die Rumänen entsprach seinem 
richtigen militärischen Gefühl. Auf der anderen Seite forderte er Kriegs- 
material in einem Umfange an, wie es gar nicht befördert werden konnte. 
Die Mehrzahl der nach der Türkei über Sofia verfügbaren Züge wurde für 
Kohle gebraucht, die aus Oberschlesien nach Konstantinopel ging. Ich habe 
Enver, den sehr bedeutenden Talaat und andere türkische Würdenträger, 
die uns besuchten, immer wieder gebeten, die Kohlenförderung zu ver- 
größern, was durchaus möglich erschien. Sie hätten so Transportraum für 
Kriegsgerät gewonnen. Ich habe mit ihnen die hohe Bedeutung der 
Eisenbahnen für die Kriegführung besprochen und ihnen gezeigt, wie die 
Türkei sich helfen könne. Ich bin auf nicht viel Verständnis, jedenfalls auf 
kein Entgegenkommen gestoßen. Es wurde weiter darauflos angefordert, 
obwohl man wissen mußte, daß diese Forderungen keine Berücksichtigung 
finden konnten. An den türkischen Kohlenbergwerken und Eisenbahnen 
geschah seitens der Türkei tatsächlich so gut wie nichts. 
Die Macht in Konstantinopel lag fest in der Hand der Jungtürken. 
Die Bevölkerung stand abseits. 
Der Ausblick, den die Türkei bei Antritt meines Amtes bot, war kein er- 
freulicher, nur mit Sorgen konnte ich am Mesopotamien und Palästina denken.
	        
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