220 Der Entente-Ansturm im Herbst 1916
entstanden, die wir schon so lange angestrebt hatten. Diese war jetzt drin-
gend nötig geworden. Die stark mitgenommenen deutschen Divisionen der
Armee des Generals Grafen v. Bothmer, die der Russe dauernd und heftig
angriff, bedurften der Ablösung durch weniger beanspruchte Divisionen
der alten Front des Oberbefehlshabers Ost. Das Ablösen bedeutete eine
sehr langwierige Arbeit, da es nur Zug um Zug erfolgen konnte. Die
Kräfte waren überall so schwach, daß es bei der gespannten Kriegslage sich
nicht ermöglichen ließ, von einer Stelle ganze Divisionen auf einmal abzu-
fahren. Das verbot sich um so mehr, als der Oberbefehlshaber Ost immer
mehr Kräfte gegen Rumänien freizumachen hatte.
Der neuen Heeresgruppe Erzherzog Karl unterstanden die Truppen in
den Karpathen, die unter dem 7. k. u. k. Armeekommando zu einer Armee
zusammengefaßt wurden, ferner die beiden in Siebenbürgen zu bildenden
Armeen. Die nördliche, die k. u. k. 1. Armee, unter General v. Arz, sollte
beiderseits Maros Vasarhely rückwärts bis Klausenburg, die südliche, die
9. deutsche, unter General v. Falkenhayn, zwischen Karlsburg und Mühl-
bach, mit schwachen Abteilungen südwärts bis Orsowa aufmarschieren.
General v. Falkenhayn fand hier an wichtigster Stelle Gelegenheit, seine
militärischen Fähigkeiten als Truppenführer im Dienst des Vaterlandes zu
betätigen.
Der Russe bedrängte Ende August und Anfang September die da-
malige Heeresgruppe Erzherzog Karl in Ostgalizien und den Karpathen
schwer. Die Folge war die allmähliche Zurücknahme der Armee des
Generals Grafen v. Bothmer von der Zlota-Lipa hinter die Narajowka und
ein weiteres Nachgeben der k. u. k. Truppen in den Karpathen, namentlich
am Tatarenpaß und an der Bukowinagrenze. Da das Feststehen dieser
Front für jede Operation gegen das rumänische Heer in Siebenbürgen
Vorbedingung war, so blieb nichts anderes übrig, als noch mindestens drei
Divisionen, die von dem so schwer bedrängten Westen nach Siebenbürgen
im Anrollen waren, den Heeresgruppen Boehm-Ermolli und Erzherzog Karl
an den Dnjestr und in die Karpathen zuzuführen. Blutenden Herzens
gab ich dem nach. Ich entsinne mich der Bitterkeit, die mich gegenüber der
k. u. k. Armee damals überkam, wenn ich an unsere Lage in West und Ost
und an das dachte, was unsere Truppen überall leisten mußten. Aber es
mußte gehandelt werden, die beiderseitigen Interessen waren gemeinsame.
Nach weiteren Schwankungen festigte sich dann von Mitte September
ab unsere Front gegenüber der russischen. Neue, mit stärkstem Menschen-
aufgebot geführte, erbitterte Angriffe westlich Lutzk gegen die Linie Sa-
turtzy—Pustomity, gegen den Graberka-Abschnitt westlich Brody und die
Höhen von Zborow, sowie gegen Brsheshany und unsere Stellungen an der
Narajowka, blieben immer wieder erfolglos. Auch bei den Kämpfen in