Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

Der Verkehr mit den Armeen 17 
  
genau so unumwunden aus wie die Herren des Hauptquartiers. Sie 
wußten, daß ich ihre eigene Ansicht hören und Klarheit haben wollte, 
aber kein potemkinsches Dorf. Zuweilen wurden die Armeen daran 
erinnert, daß nur objektiv Wahres zu melden sei, Ungünstiges genau so 
wie Günstiges. 
An den Vortrag schloß sich eine Erörterung, in der die Oberbefehls— 
haber eingriffen, wenn sie nicht selbst den Vortrag übernahmen, wofür ich 
besonders dankbar war. Das dem Vortrage in der Regel folgende Zu- 
sammenbleiben gab mir Gelegenheit zur Aussprache mit den Oberbefeh'##= 
habern über viele Fragen. 
Mein Verkehr mit den Armeen blieb nicht auf die wöchentlichen Reisen 
beschränkt. Ich sprach jeden Morgen mittels Fernsprechers mit den Armee- 
chefs und hörte ihre Sorgen und ihre Zuversicht. Oft kamen sie mit Bitten. 
Wo ich helfen konnte, geschah es, das wußten sie. Ich habe den Chefs oft 
gut zugesprochen und dann das Gefühl gehabt, daß die Herren wieder ver- 
trauensvoller an ihre schwere Aufgabe gingen. Von dem sogenannten 
grünen Tisch war die strategische und taktische Lage manchmal einwand- 
freier zu übersehen als an Ort und Stelle unter der Wirkung starker per- 
sönlicher Eindrücke. 
Es handelte sich für mich bei den Ferngesprächen um eine Orientie- 
rung. Befehle wurden dabei nur in dringenden Fällen gegeben und dann 
schriftlich an die Oberkommandos nochmals ausdrücklich wiederholt. 
Selbstverständlich war, daß den Oberbefehlshabern mein Gespräch ge- 
meldet wurde. Einer Chefherrschaft war ich durchaus abhold. Die Ober- 
befehlshaber waren auch zu selbständige Naturen, als daß dies einreißen 
konnte. 
Es wurden mir einzelne Fälle bekannt, wo unter Berufung auf die 
Autorität der Obersten Heeresleitung Befehle erteilt waren, die ich nie 
gebilligt haben würde; da, wo ich dies hörte, griff ich scharf ein. 
Wo ich nicht selbst sehen konnte, entsandte die Oberste Heeresleitung 
Generalstabsoffiziere zur Berichterstattung nach vorn oder zu den Armee- 
Oberkommandos, um so unmittelbar ein möglichst klares Bild von der 
Lage an Ort und Stelle zu gewinnen. 
Anderungen in der Stellenbesetzung der obersten Dienststellen waren 
unvermeidlich. Sie wurden durch die Kommandobehörden bei dem Chef 
des Militärkabinetts, für den Generalstab bei dem Chef des Generalstabes 
des Feldheeres beantragt. Das war schon im Frieden im wesentlichen nicht 
anders gewesen. Auch die Oberste Heeresleitung regte in einzelnen Fällen 
Personenwechsel an. 
Solches wurde nötig, wenn es darauf ankam, an den Brennpunkten 
des Kampfes besonders kriegserfahrene Offiziere zu haben. Dies kam der 
Kriegserinnerungen 1914—18. 2
	        
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