Die Friedensvermittlung des Präsidenten Wilson 253
Koloniale Restitution in Form einer Verständigung, die Deutschland
einen seiner Bevölkerungszahl und der Bedeutung seiner wirtschaft-
lichen Interessen entsprechenden Kolonialbesitz sichert.
Rückgabe der von Deutschland besetzten französischen Gebiete unter Vor-
behalt strategischer und wirtschaftlicher Grenzberichtigungen sowie
finanzieller Kompensationen.
Wiederherstellung Belgiens unter bestimmten Garantien für die Sicher-
heit Deutschlands, welche durch Verhandlungen mit der belgischen
Regierung festzustellen wären.
Wirtschaftlicher und finanzieller Ausgleich auf der Grundlage des Aus-
tausches der beiderseits eroberten und im Friedensschluß zu resti-
tuierenden Gebiete.
Schadloshaltung der durch den Krieg geschädigten deutschen Unterneh-
mungen und Privatpersonen.
Verzicht auf alle wirtschaftlichen Abmachungen und Maßnahmen, welche
ein Hindernis für den normalen Handel und Verkehr nach Friedens-
schluß bilden würden, unter Abschluß entsprechender Handels-
verträge.
Sicherstellung der Freiheit der Meere." «
Es sind dies die einzigen Bedingungen gewesen, die deutscherseits mit
meiner Mitarbeit zur Kenntnis des Feindes gekommen sind.
Eine Verschiebung des uneingeschränkten U-Bootkrieges wurde vom
Reichskanzler nicht gefordert. Der Botschafter wurde zu der Erklärung
ermächtigt, daß die Reichsregierung bereit sei, den Befehl zur Einstellung
des U-Bootkrieges zu geben, sobald eine Erfolg versprechende Grundlage
für Friedensverhandlungen geschaffen sei. Der Generalfeldmarschall und
ich stimmten diesen Absichten zu.
Der ganze Vorgang spielte sich in einem Zimmer des Kaisers un-
gemein schnell ab. Die Geburtstagsgeschenke standen noch umher: Ein
schönes Bild des Kreuzers „Emden“ ist mir im Gedächtnis geblieben.
Die näheren Zusammenhänge und den Verlauf dieses diplomatischen
Schrittes vermag ich nicht mehr niederzulegen. Ich äußerte dem General-
feldmarschall gegenüber nach Beendigung der Besprechung Bedenken gegen
die Art, mit der unsere Mitarbeit bei so überaus wichtigen Entscheidungen
herbeigeführt wurde. Auf der einen Seite sahen wir nicht vollständig klar,
auf der anderen trugen wir die moralische Mitverantwortung.
Am 31. Januar wurden in Washington die Note über die Erklärung
des U-Bootkrieges im Sinne des Sperrgebietskrieges und, wie ich an-
nehme, auch die Weisung der Reichsregierung vom 29. Januar überreicht.
Nach dem 9. Januar lagen keinerlei militärische Gründe vor, die den
Generalfeldmarschall oder mich hätten veranlassen können, unsere Stel-