Full text: Ludendorff, meine Kriegserinnerungen 1914-1918

260 Die Grundlage der weiteren Kriegführung und das Kriegsinstrument 
  
in der Heimat fest und ließ das Dienen am Feinde als Strafe erscheinen. 
Das waren durch und durch ungesunde Verhältnisse. 
Während der Sold des Soldaten im Kriege, wie es — bei 
dem Widerstande der heimischen Behörden allerdings ohne wesentlichen 
Erfolg — mein Wunsch war, hätten gehoben werden müssen, wären die 
Lohnsätze der Arbeiter in mäßigen Höhen zu halten gewesen. Naturgemäß 
hätte dies bedingt, daß auch die Gewinne der Kriegswirtschaft erheblich 
gemindert wurden. Lohn und Gewinn mußten in enger Abhängigkeit 
voneinander stehen. Wir hätten dabei auch erhebliche Summen sparen 
können, die der Finanzwirtschaft und unserer Kapitalkraft zugute ge- 
kommen wären. Die Schwierigkeiten dieses Problems, bei der Preissteige- 
rung auf allen Gebieten infolge Rohstoffmangels, verkannte ich nicht. Ich 
hoffte, daß die Heimat es lösen und einen Weg zu gesunden Verhältnissen 
finden würde. Ein Gesetz über die Arbeitspflicht hätte die Handhabe dazu 
geboten. 
Die Einführung der allgemeinen Dienstpflicht, verbunden mit Arbeits- 
pflicht, allein genügte nicht; es mußte dafür gesorgt werden, daß die Kraft 
der Arbeitspflichtigen verständig ausgenutzt wurde und sich nicht dem 
Staate entzog. 
Gewiß war mir klar, daß solche Maßnahmen einen gewaltigen Ein- 
griff in das staatliche, wirtschaftliche und private Leben bedeuten würden. 
Auch war nicht zu vergessen, daß zu starke Eingriffe hemmend wirken. 
Widerspruch mußte kommen, das war gewiß, auch wenn die Forderungen 
der eisernen Notwendigkeit des Krieges entsprachen. Eigennutz und Sucht 
nach Gewinn hatten sich bereits sehr breit gemacht. Es galt aber, dem Volke 
den Weg zum Siege zu zeigen. Es sollte klar sehen und sein Schicksal 
selbst bestimmen. Der Reichstag und damit das ganze Volk mußten die 
Mitverantwortlichkeit tragen. Am 30. Oktober 1916 wurde der Reichs- 
kanzler besonders gebeten, diese herbeizuführen. Ich hoffte, daß die Re- 
gierung sich bereit finden würde, den großen Gedanken der allgemeinen 
Dienstpflicht zu vertreten und das Volk darüber zum Nachdenken anzu- 
regen, welche Kräfte es noch dem Vaterlande geben könne. Es gehörte eine 
selbstlose Einsicht des Volkes dazu, sich vom innerpolitischen selbstsüchtigen 
Denken hinweg ganz dem Kriege zuzuwenden und den Vorschlägen der 
Obersten Heeresleitung entsprechende Maßnahmen in die Tat umzusetzen. 
Die Regierung schlug diesen Weg nicht ein. Ich hatte damals noch 
unendliches Vertrauen zum deutschen Volke und zur deutschen Arbeiter- 
schaft. Der Krieg ging um unser aller Leben; daß dies der Fall war, 
mußten auch die Arbeiter erfahren, dann würden auch sie, so glaubte ich, 
in Erkenntnis der großen, ihnen und dem Vaterlande drohenden Gefahr sich 
auf den gleichen Boden mit der Obersten Heeresleitung gestellt und noch
	        
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